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Das Aufschieben oder Vermeiden von intendierten oder relevanten Tätigkeitenist ein weitverbreitetes Phänomen, das zu vielfältigen Nachteilen oder Problemen führen kann. Etwa die Hälfte aller Studierenden und zwischen 15 % und 20 % der Allgemeinbevölkerung berichten, ernsthaft und chronisch unter Prokrastination zu leiden.Vorherige Forschungsarbeiten konnten zeigen, dass erstens aversive Emotionen die Tendenz zum Aufschieben verstärken und dass zweitens Prokrastination als dysfunktionale FormderEmotionsregulation betrachtet werden kann. Bislang wurde jedoch nicht systematisch untersucht, ob die Fähigkeit zum adaptiven Umgang mit Emotionen Prokrastination reduziert. Inder vorliegenden publikationsbasierten Dissertation soll diese Forschungslücke geschlossen werden. Weil Prokrastination sich negativ auf Gesundheitsverhalten auswirkt,wurde in einer ersten Studie untersucht, ob die Fähigkeit zum adaptiven Umgang mit aversiven Emotionen (emotionale Kompetenz; Moderator)den Zusammenhang zwischen gesundheitsbezogener Absicht (UV) und tatsächlichem Verhalten (AV) moderiert. Am Ende der Auftaktveranstaltung eines Stressmanagement-Trainings gaben119 Lehrkräftean, wie häufig sie eine zuvor gelernte Achtsamkeits-und Entspannungsübung in der darauffolgenden Woche praktizieren wollten (Trainingsabsicht). Eine Woche später wurde ihr tatsächliches Trainingsverhalten erfragt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass emotionale Kompetenz, die vor Trainingsbeginn erfasst wurde, denZusammenhang zwischen Absicht und Verhalten moderiert: Mit steigender emotionaler Kompetenz steigt auch der Zusammenhang zwischen Trainingsabsicht und Trainingsverhalten. Das kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass
emotionale Kompetenzeinen reduzierenden Einfluss auf Prokrastination hat. Allerdings wurde in der Studie nur eine spezifische Verhaltensweise beobachtet. Prokrastination umfasst jedoch ein breites Spektrum von Verhaltensweisen.Deswegen wurde in drei zu einer Publikation verbundenenStudien (Studie 2.1-2.3) der Einfluss von emotionalen Kompetenzen auf Prokrastination untersucht: In Studie 2.1 wurde der querschnittliche Zusammenhang zwischen den neun Subskalen des Fragebogens zur standardisierten Selbsteinschätzung emotionaler Kompetenzen und akademischer Prokrastination an 172 Studierenden ermittelt. Alle neun Subskalen korrelierten signifikant negativ mit Prokrastination. In einer Regressionsanalyse dieser neun Subskalen auf Prokrastination war jedoch nur die Fähigkeit, aversive Emotionen zu tolerieren, ein signifikanter Prädiktor. In einer anschließenden Mediationsanalyse wurde gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen jeder einzelnen Subskala und Prokrastination von der Fähigkeit,aversiveEmotionen zu tolerieren, vermittelt wurde. Um die fehlende kausale Interpretierbarkeit dieser querschnittlichen Ergebnisse zu überwinden, wurde in Studie 2.2 an 79 Studierenden der prospektive Einfluss von emotionaler Kompetenz auf zeitlich nachgelagerte Prokrastination mittels cross-lagged panels ermittelt. Die Ergebnisse geben erste Hinweise auf eine kausale Interpretierbarkeit. Da kausale Aussagen jedoch nur mit einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign ermittelt werden können, wurden 83 Teilnehmende in Studie 2.3 auf eine Trainings-oder eine Wartekontrollbedingung gelost. Die Teilnehmenden der Trainingsbedingung erlernten emotionsfokussierte Strategien, um mit emotional aversiven Aufgaben umzugehen. Die Ergebnisse zeigen einen Rückgang der Prokrastination in der Interventionsgruppe im Vergleich zu der Wartekontrollgruppe. In der Zusammenschau der Studien 2.1bis 2.3legen die Ergebnisse nahe, dass der reduzierende Einfluss emotionaler Kompetenz auf Prokrastination kausal interpretiert werden kann.
In Studie 3(dritte Publikation) wurde die Wirksamkeit eine sonlinebasierten Trainings zur Überwindung von Prokrastination evaluiert, das der Autor neu entwickelt hat. Die in Studie 2.3 getesteten emotionsfokussierten Strategien zum Umgang mit aversiven Aufgaben wurden in das Training integriert. Mit Blick auf die Adhärenz, die bei onlinebasierten Trainings im Allgemeinen und bei Menschen mit Prokrastinationsproblemen im Besonderen eine Herausforderung darstellt, wurde eine tägliche SMS-Unterstützung für die Teilnehmenden implementiertund evaluiert. Die Wirksamkeit und die Adhärenz wurden in einem dreiarmigen randomisiert-kontrollierten Design (WKG vs. IG vs. IG + SMS) an 161 Teilnehmenden untersucht. Das Training bewirkte einen signifikanten Rückgang der Prokrastination. Die tägliche SMS-Unterstützung schien die Wirksamkeit zu verstärken (d= .29 nur online; d= .57 online + SMS) und die Adhärenz zu verbessern. Allerdings wurde der Effekt der SMS auf die Adhärenz erst sichtbar, wenn die Teilnehmenden ausgeschlossen wurden, die kaum oder gar nicht trainiert hatten. Einemögliche Erklärung wurde darin gesehen, dass ein Mindestmaß an Training notwendig ist, damit die SMS einenAdhärenz steigernden Effekt haben. Um weitere plausible Erklärungen ausschließen zu können, bedarf es hier weiterer Forschungsarbeit.Die Zusammenschau der Ergebnisse aller Studien legt nahe, dass erstens emotionale Kompetenzen einen reduzierenden Einfluss auf Prokrastination haben, dass diese zweitens gezielt gefördert werden können und dass sich drittens die zusätzliche Implementation einer SMS-basierten Unterstützung förderlich auf die Adhärenz auswirkt und die Effektivität einer onlinebasierten Intervention steigert. Die Ergebnisse werden mit Blick auf weitere Forschungsarbeiten vor dem Hintergrund neuropsychologischer Erkenntnisse zu exekutiven Funktionen diskutiert.
Sozial-Emotionales Lernen im Vorschulalter im Zusammenhang zu akademischen Vorläuferfähigkeiten
(2015)
In nordamerikanischen Studien gab es sowohl quer- als auch längsschnittlich valide Hinweise, dass Kinder mit gut ausgebildeten sozialen und emotionalen Kompetenzen (Sozial-Emotionales Lernen; SEL) über bessere akademische Vorläuferfähigkeiten verfügen. Mit der vorliegenden Studie sollen die amerikanischen Ergebnisse repliziert und erweitert werden. Dabei wurde sich auf Seiten des SEL auf das Emotionsverständnis (im Sinne einer Sozialen Bewusstheit) und die behaviorale Selbstregulation (als Merkmal von Selbst-Management), auf Seiten der akademischen Vorläuferfähigkeiten auf Phonologische Bewusstheit und frühe mathematische Fähigkeiten wie Zahlen- und Mengenverständnis konzentriert. Außerdem wurden wesentliche Faktoren berücksichtigt, die ebenfalls einen Einfluss auf akademische Vorläuferfähigkeiten haben können: Geschlecht, sozio-ökonomischer Status der Familie, Sprachverständnis, generelle kognitive Leistungsfähigkeit und die Beziehung zur Erzieherin. Diese Faktoren wurden sowohl in ihrer singulären Wirkung als auch in einem Gesamtmodell mittels latenten Strukturgleichungsmodellen überprüft. Die Arbeit beruht auf Daten aus dem längsschnittlichen Projekt ´Emotionales Lernen ist Fantastisch (ELeFant)´ unter der Leitung von Prof. Dr. Maria von Salisch. Im Rahmen der Studie wurden 340 Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren (M = 62.32 Monate, SD = 4.2) längsschnittlich interviewt. Unter Berücksichtigung aller weiteren Kontrollvariablen (SöS, Sprachverständnis, generelle kognitive Leistungsfähigkeit) zeigten die SEL-Faktoren Soziale Bewusstheit und Selbst-Management moderate, positive Einflüsse auf die Ausprägung phonologischer Bewusstheit kurz vor der Einschulung. Weder die Erzieher-Kind-Beziehung noch das Sprachverständnis oder die generelle kognitive Leistungsfähigkeiten haben einen signifikanten Einfluss auf die phonologische Bewusstheit; als weitere bedeutsamer Prädiktor stellte sich der sozio-ökonomische Status heraus. Für die Vorhersage früher mathematischer Fähigkeiten ergibt sich ein leicht verändertes Bild. Unter Berücksichtigung aller relevanten Kontrollvariablen bleibt nur der positive Einfluss von Sozialer Bewusstheit mit fünf Jahren auf frühe mathematische Kompetenzen mit sechs Jahren bestehen. Der ursprünglich signifikante Effekt von Selbst-Management auf vorschulische mathematische Fähigkeiten wird vollständig durch das Sprachverständnis vermittelt. Diese Zusammenhänge sind unabhängig vom Geschlecht der Kinder.