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Gegenstand des Forschungsvorhabens ist das künstlerische Werk von Isa Genzken (geb. 1948). Untersucht werden rezeptionsästhetische Formen des frühen, architektonischen Werkes sowie jüngster, figürlicher Arbeiten. Charakteristisch für das Gesamtwerk der Künstlerin ist ein formaler Bezug zur künstlerischen Praxis der Minimal Art. Zugleich verwendet die Künstlerin Formen und Motive, die über das individuelle und das kollektive Wissen des Betrachters entschlüsselbar sind. Vor allem in den jüngsten Skulpturen und Installationen lässt sich eine konsequente Entwicklung von einer formalistischen Formensprache hin zu einer medienhybriden, installativen Arbeitstechnik unter Verwendung auch figürlicher Bildelemente feststellen. Ziel der Dissertation ist es zu begründen, inwiefern die unterschiedlichen Lesarten, die sich aus diesem Spannungsverhältnis ergeben, der in der Kunsttheorie der Moderne gängigen Unterscheidung von "literaler" und "illusionistischer" Kunst widersprechen, die anlässlich des gesteigerten Literalsinns der Minimal Art aufgestellt wurde.
Das Thema dieser Arbeit ist Parmigianinos Selbstporträt im Konvexspiegel, sein Entstehungskontext und seine Wirkung. Es lässt sich auf das Jahr 1524 datieren, in dem der junge parmaische Maler Francesco Mazzola, genannt Parmigianino, entschließt nach Rom zu gehen. Dort stellt er sich dem Papst vor, um diesen mit auserwählten Werken für eine Anstellung am klerikalen Hof zu überzeugen. Drei Werke bringt er mit sich: Die Heilige Familie, die Beschneidung und das Selbstporträt im Konvexspiegel. Während die ersten beiden aufgrund ihrer Themenwahl dem sakralen Ambiente angemessen gewählt sind, fällt das letzte diesbezüglich aus dem Rahmen. Dieses zeigt den jungenhaften Maler in einem unwirklichen Raum, wie er dem Betrachter eine enorm verzerrte, große Hand entgegenhält und ihn dabei gleichmütig anschaut. Doch nicht nur das gewählte Bildsujet, ein Selbstporträt in deformierter Gestalt, ist speziell. Auch der Malträger mit seiner konvexen Wölbung hebt sich durch seine materielle Beschaffenheit von bisherigen Gemälden ab. Die größte Motivation für Künstler ist es, Aufsehen zu erregen und dem immerwährenden intrinsischen Bestreben nach Ruhm nachzueifern. Doch die treibende Kraft für die Schaffung eines Kunstwerks resultiert nicht allein aus dem einem Künstler innewohnenden Ausdruckswillen. Vielmehr ist dieser ebenso gesellschaftlichen und zeitgeistlichen Bedingungen unterworfen, unter denen er Kunst schafft und die er in dieser verarbeitet. Für die Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk muss der kausale und zeitabhängige Zusammenhang zwischen Künstler und Gesellschaft berücksichtigt werden. nichtsdestotrotz muss das Wesen eines Kunstwerks in seinem in sich geschlossenen Kosmos gesehen werden. Der Sinn seiner Existenz besteht im ästhetischen Empfinden, den das Werk in der Lage ist auszulösen. Es bleibt konstant in seiner Wirkung, solange es als Ganzes existiert. Vorsicht ist dann geboten, wenn ihm der Forschungseifer sein autonomes Wesen abspricht und es anstatt dessen „nur“ noch als Dokument (s)einer Zeit sieht.
Im Trend des gewachsenen Interesses an Emma Kunz vonseiten der Institutionen und Künstlern der Gegenwart widmet sich die vorliegende Arbeit der Fragestellung, in welcher Art und Weise Emma Kunz’ spirituelle, abstrakte Zeichnungen in materielle-körperliche Praktiken eingebunden sind und durch diese bedingt werden. Das ist mit dem Ziel verbunden, über eine historische Kontextualisierung der Praktiken und Räume die Möglichkeitsbedingungen der künstlerischen Praxis zu analysieren und Emma Kunz als Abstraktion im Übergang zu beschreiben, die die Dichotomien zwischen Okkultismus und Wissenschaft sowie zwischen Rationalität und Irrationalität in der Moderne unterläuft. Der Fokus auf die Materialität und Körperlichkeit der Praktiken eröffnet die Möglichkeit das Verhältnis von Innerlichkeit und Spiritualität, Materialität und Politik in der Kunstgeschichtsschreibung der modernen Kunst, insbesondere der Abstraktion, neu zu konstellieren. Die Ausgangsthese dabei ist, dass der Blick auf die Praktiken eine Perspektivierung der abstrakten Zeichnungen als wesentlich in materiell-körperliche Prozesse eingebundene spirituelle Bilder ermöglicht. Die Praktiken des Pendelns und Heilens sind nicht nur Verfahren der Umwandlung und Transformation von spirituellen und materiellen Komponenten, sondern eröffnen einen Blick auf ihre Reflexivität und Kritikalität. Zu Beginn der Arbeit ist das Arbeitszimmer von Emma Kunz Ausgangspunkt der Frage nachzugehen, wie das Verhältnis der Praktiken zu den Zeichnungen methodisch zu fassen ist. Anschließend wird der Frage nachgegangen, in welcher Art und Weise Kunz’ spirituelle, abstrakte Zeichnungen in materielle-körperliche Praktiken des Pendelns und Heilens eingebunden sind, die sich mit und gegen die Moderne konstituieren und wie sie sich in der künstlerischen Praxis von Emma Kunz ein- und fortschreiben. Anhand von Kunz’ Zeichnungsmethode wird im nächsten Abschnitt die Spannung zwischen Okkultismus und Wissenschaft aufgefaltet und Emma Kunz als ein Phänomen einer Abstraktion im Übergang beschrieben, die sich zwischen den Kosmologien unsichtbarer Kräfte und dem Drang zur Grammatologie bewegt. Abschließend wird die Frage aufgegriffen, wie der Blick auf die Praktiken des Pendelns und Heilens die in der Geschichte der Abstraktion tradierte Dichotomie zwischen Spiritualität und Materialität verändert.
Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue? Ikonoklasmus in der Moderne am Beispiel Barnett Newmans
(2015)
Der Forschungsgegenstand des ´Schlaf´- oder ´Traumtanzes´ bezieht sich auf das Phänomen der pantomimischen Ausdrucksbewegungen sowie des Tanzes in Hypnose, Trance oder Ekstase, das sich im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts eines zeitweilig regen öffentlichen Interesses erfreute. Zu den Protagonistinnen dieser heute fast völlig vergessenen Form des Tanzes gehörten Lina Ferkel, ein Pariser Aktmodell, das unter Anleitung des französischen Okkultisten Albert de Rochas in somnambulem Zustand verbale und musikalische Suggestionen in Ausdrucksbewegungen übersetzte, Magdeleine Guipet, die ebenfalls aus Paris kam und 1904 als ´Die Traumtänzerin´ unter der Regie des Münchner Nervenarztes Albert Freiherr von Schrenck-Notzing zunächst Deutschland und später halb Europa in Aufregung versetzte, sowie das Ensemble der ´Traumbühne´, die von dem deutschen Pädagogen und Publizisten Ernst Schertel 1925 gegründet wurde. Die Besonderheit dieser Art von Kunst war dabei die Annahme, daß mittels Hypnose oder Ekstase der Urgrund der menschlichen Seele zugänglich sei und im Ausdruck des Körpers offenbar werden könne. Die zeitgenössische Diskussion ging davon aus, daß die Körper der Schlaftänzerinnen Zeichen produzierten, die ursprünglich und kulturell unverfälscht waren, und deshalb von allen Menschen instinktiv in ihrer Bedeutung erkannt werden konnten. Die vorliegende Arbeit rekonstruiert das Phänomen des Schlaftanzes anhand der historischen Quellen, um es dann in zeitgenössische Diskurse einzuordnen. Zu diesen gehören die Frage nach der Authentizität von Körperausdruck, die Kontextualisierung des Schlaftanzes als Kunstgenre zwischen den Attitüden bzw. Monodramen des 18. Jahrhunderts und dem frühen Film sowie die Untersuchung der Bilddokumente in Bezug auf Diskurse und Techniken des Mediums Fotographie. Daran anschließend geht es um die wissenschaftshistorische Einordnung in den Bereichen Psychologie und Ästhetik anhand von Begriffen wie Somnambulismus, Traum, Automatismus, Ausdruck und Gestaltung. Schließlich wird das Feld der Spezialdiskurse zugunsten einer Einordnung in die übergeordnete zivilisationskritische Debatte verlassen. Dabei wird der Vorschlag unterbreitet, den Schlaftanz als eine Art diskursgeschichtliches Brennglas zu betrachten, das die vergleichende Untersuchung verschiedenster Argumentations- und Theoriestränge zum Thema ´Mensch und Moderne´ im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ermöglicht. Denn die einzelnen Tänzerinnen dienten der zeitgenössischen Debatte direkt oder indirekt als Anstoß zum Nachdenken über den modernen Menschen, seine psychischen und physischen Potentiale, aber auch seine zivilisationsbedingten Verluste sowie über Strategien, das vielzitierte ´Unbehagen in der Kultur´ zu analysieren, zu therapieren oder zu unterlaufen.