Filtern
Dokumenttyp
- Dissertation (2) (entfernen)
Sprache
- Deutsch (2) (entfernen)
Schlagworte
- Commitment <Management> (2) (entfernen)
Institut
In Zeiten des technologischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und demographischen Wandels, zunehmenden internationalen Wettbewerbs und des daraus resultierenden Veränderungs- und Innovationsdrucks für Unternehmen, ist das psychologische Band zwischen Organisation und Mit-arbeiter vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Längst ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Mitarbeiter ihr gesamtes Arbeitsleben in einem Unternehmen verbringen. Gleichzeitig ist es für den Erfolg von Unternehmen von großer Bedeutung, qualifizierte und engagierte Mitarbeiter an sich zu binden. Organisationale Identifikation und affektives Commitment beschreiben Formen emotionaler Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen, die zu hoher Leistung und freiwilligem Engagement motivieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage nach stabilen interpersonalen Unterschieden, die das Bedürfnis und die Fähigkeit zur sozialen Identifikation und emotionalen Verbundenheit mit Organisationen grundsätzlich determinieren. Zentral ist die Annahme, dass die soziale Orientierung von Mitarbeitern ihre Bindungs- und Identifikationsbereitschaft erheblich beeinflusst: Das Ausmaß von kollektivistischer und individualistischer Orientierung sollte die Erwartungen, das Erleben und Verhalten von Mitarbeitern in Organisationen erheblich mitprägen. Für Menschen mit ausgeprägt kollektivistischer Orientierung wird ein starkes Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeiten zur Ableitung sozialer Identität unterstellt. Die Mitgliedschaft in der Gruppe, ihre Merkmale und Erfolge sollten selbstbeschreibend wirken und das persönliche Verhalten stark an den Interessen und Normen der Gruppe orientiert sein. Bei Menschen mit ausgeprägt individualistischer Orientierung werden demgegenüber persönliche Merkmale, Eigenschaften und Leistungen als zentral für die Selbstbewertung und Selbstdefinition angenommen. Gruppenzugehörigkeiten werden als relativ austauschbare Bezugsrahmen für das eigene Handeln und die Erreichung persönlicher Ziele erwartet. Der Arbeit liegt die Annahme zugrunde, dass die Entstehung und Ausprägung von Commitment und Identifikation in Abhängigkeit von der sozialen Orientierung der Mitarbeiter variiert. Mitarbeiter mit stärker kollektivistischer Orientierung sollten eine größere Bereitschaft haben, sich mit ihrer Organi-sation und Arbeitsgruppe zu identifizieren. Die Entstehung von affektivem Commitment und Identifikation sollte dabei primär von Faktoren geprägt werden, die die Befriedigung ihres Bedürfnisses nach sozialer Zugehörigkeit und Anerkennung fördern, wie z.B. die Beziehung zu Vorge-setzten und Kollegen. Die emotionale Bindung und Identifikation von Mitarbeitern mit stärker individualistischer Orientierung wird demgegenüber als geringer ausprägt erwartet. Bei diesen sollte die kalkulatorische Bindung an das Unternehmen überwiegen. Anders als bei stärker kollektivistisch orientierten Mitarbeitern sollten vor allem die Möglichkeiten der Karriere und Weiterbildung sowie die Qualität der Arbeitsinhalte (Interessantheit, Eigenverantwortung, Herausforderung) eine gewichtige Rolle für das Ausmaß der emotionalen Verbundenheit spielen. Zur Untersuchung der vermuteten Zusammenhänge wurde im Jahr 2006 in einem namhaften Industrieunternehmen eine Fragebogenstudie durchgeführt, an der sich 499 Mitarbeiter beteiligten. Obwohl die Unterschiede zwischen „Kollektivisten“ (N = 154) und „Individualisten“ (N = 151) weniger deutlich ausfallen als erwartet, erweist sich ihre Beziehung zum Unternehmen doch als different. Bei den Individualisten überwiegt die kalkulatorische Bindung an die Organisation erwartungs-konform gegenüber der emotionalen Verbundenheit. Individualisten erscheinen, trotz grundsätz-licher Zufriedenheit und einer gewissen emotionalen Gebundenheit, als relativ autonom und bei attraktiven Alternativen geneigt, das Unternehmen zu wechseln. Eine übermäßige Verbundenheit mit der persönlichen Karriere kann nicht bestätigt werden. Bei den Kollektivisten erweist sich hypothesenkonform die Beziehung zu Organisation und Arbeits-gruppe als von tiefgehend emotionaler Natur, der das Karriere-Commitment nachgeordnet ist. Auch deuten sich in den Regressionsanalysen Unterschiede in den Entstehungsbedingungen der betrachteten Foci an, die ebenfalls einen signifikanten Einfluss der sozialen Orientierung nahelegen und zu weitergehenden Analysen ermutigen.
Im Kontext der demografischen Entwicklung müssen Instrumente der Mitarbeiterbindung neu hinterfragt werden. Um die Fachkräfte, die auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr verfügbar sind im Unternehmen zu halten, müssen HR-Praktiken im Unternehmen möglicherweise an altersspezifische Bedürfnisse angepasst werden. Es kann angenommen werden, dass die Bindung an die Organisation – bedingt durch Entwicklungsverläufe über die Lebensspanne – in verschiedenen Altersgruppen von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird (Conway, 2004; Finegold, Mohrman & Spreitzer, 2002). Ziel dieser Arbeit ist es, entsprechende altersbedingte Veränderungen und Priorisierungen zu identifizieren, die einen differenziellen Einfluss auf Mitarbeiterbindung haben. Aus Phasenmodellen der Entwicklungspsychologie werden diese Differenzierungen herausgearbeitet, um daraus Hypothesen zu unterschiedlichen Zusammenhangsstärken situativer Entstehungsbedingungen und affektiver Bindung herzuleiten. Zur Überprüfung der Hypothesen wurden zwei empirische Studien durchgeführt: 1) In einer unternehmensinternen Untersuchung wurden 121 Mitarbeiter in den Altersgruppen 20 bis 30, 31 bis 45 und 46 bis 65 Jahre befragt; 2) Im Rahmen einer Online-Befragung wurden 420 Arbeitnehmer der gleichen Altersgruppen befragt. Die angenommenen moderierenden Effekte wurden mit Hilfe verschiedener Methoden überprüft. Zunächst wurden moderierte Regressionsanalysen gerechnet, um die linearen Hypothesen zu überprüfen. Aus diesen Analysen zeigten sich in beiden Studien kaum Effekte. Eine Subgruppenanalyse, in der die Korrelationsstärken der drei Altersgruppen miteinander verglichen wurden, zeigte zum Teil substanzielle Unterschiede in den Zusammenhangsstärken zwischen Entstehungsbedingungen und affektivem organisationalem Commitment (ACO), teils aber auch stabile Zusammenhänge über alle Altersgruppen hinweg. Wenige Ergebnisse zeigten sich in beiden Studien gleich. Einige Ergebnisse widersprechen den Hypothesen: So zeigte hier die Möglichkeit zu generativem Verhalten am Arbeitsplatz auch in der jüngeren Gruppe substanzielle Zusammenhänge mit ACO, während die gebotene Entwicklungsmöglichkeiten auch in der älteren Gruppe starke Zusammenhänge mit ACO zeigten. Auf Besonderheiten und Unterschiede der beiden Studien wird eingegangen, Implikationen für weitere demografierelevante Forschung werden aufgezeigt und Hinweise für die Gestaltung des Personalmanagements gegeben. Insbesondere untermauert die Arbeit die Notwendigkeit a) einer individuellen Betrachtung von Mitarbeitern jeden Alters, um Bindung zu fördern sowie b) einer Berücksichtigung des jeweiligen Unternehmenskontexts.