Kausalitätsnachweise aus baubetrieblicher Sicht anhand konkreter bauablaufbezogener Darstellungen
(2019)
Im Baugewerbe sind auf Grund hoher Kosten im Falle von Bauunterbrechungen eine genaue Bauablaufplanung sowie auch die Sicherstellung der Ansprüche daraus von großer Wichtigkeit. Die aus dieser Situation heraus folgende Diskussion der Vertragspartner über die Vergütung und die Fristverlängerung führt in einigen Fällen zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Hierbei hat der Bundesgerichtshof (BGH) aufgezeigt, dass eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung zum Nachweis der Kausalität notwendig ist. Es ist hierbei nicht eindeutig klar, wie eine vom BGH geforderte Darstellung auszusehen hat. Bei den Baufirmen wiederum liegt der Fokus häufig auf der Ausarbeitung eines monetären Anspruchs. Dabei wird den Kausalzusammenhängen wenig Beachtung geschenkt. Deshalb werden in dieser Arbeit die Kausalitätsnachweise anhand der konkreten bauablaufbezogenen Darstellung untersucht - mit besonderem Augenmerk auf der pluralen Kausalität. Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der baubetrieblichen Sichtweise und juristischen Einordnungen. Dabei werden insbesondere Terminpläne genauer untersucht. Für Ansprüche aus Bauzeitverlängerung werden hier ausschließlich Fristverlängerungen betrachtet. Die monetären Auswirkungen werden nicht bearbeitet.
Mit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses (DVA) für Bauleistungen existiert ein verbindliches dreiteiliges Regelwerk, welches allen Bauverträgen zugrunde gelegt werden kann. Teil B beinhaltet die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen und definiert die Abwicklung der beauftragten Leistungen. Auf Grund des hohen Konfliktpotenzials kommt es dabei nicht selten zu Gerichtsverfahren mit hohen Kosten und Risiken. Diese Streitigkeiten behandelt inhaltlich der § 18 VOB/B. Gemäß § 18 Abs. 2 VOB/B wird ein außergerichtliches Verfahren im Umgang mit Meinungsverschiedenheiten beschrieben. Kostenaufwendige Gerichtsprozesse können durch die Inanspruchnahme der Verfahrensarten gem. § 18 VOB/B vermieden werden. Speziell das Verfahren gem. § 18 Abs. 2 VOB/B beschreibt ein Schlichtungsverfahren, welches sich im Vergleich zu gerichtlichen Auseinandersetzungen durch seine Kostenneutralität und verhältnismäßig kurze Verfahrensdauer auszeichnet. Mit der vorliegenden Arbeit wird herausgearbeitet, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um dieses Verfahren zu stärken. Dazu werden als Erstes die Grundlagen des Bauvertrags dargelegt. Das zweite Kapitel befasst sich umfänglich mit Konfliktursachen und ihre Auswirkungen in Bauvorhaben. Im dritten Kapitel werden die Verfahrensarten nach § 18 VOB/B als Streitbeilegungsinstrumente des öffentlichen Auftraggebers detailliert vorgestellt und im vierten Kapitel die praxisbezogene Anwendung des Verfahrens nach § 18 Abs.2 VOB/B beleuchtet. Die Darstellung der Praxiserfahrungen sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer führt zu den Schwächen und Stärken des Verfahrens. Im fünften Kapitel folgt die Betrachtung der Wiederstände, die eine Weiterentwicklung des Verfahrens entgegenstehen und gleichzeitig werden die Maßnahmen zur Stärkung der Akzeptanz des Verfahrens aufgezeigt.
In dieser Masterarbeit im Rahmen des Masterstudiengangs „Baurecht und Baumanagement“ wird das Thema der Fristverlängerungen in Folge von Bauablaufstörungen näher betrachtet. Diesbezüglich werden zunächst die Grundlagen von Fristen und Bauablaufstörungen aufgegriffen. Anschließend werden Nachweisführung und Berechnungsansätze vorgestellt.
Mit der Novellierung des Bauvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wurde auch das einseitige Leistungsänderungsrecht und Regelungen für die Ermittlung der Mehr- und Mindervergütung in dem BGB–Bauvertrag aufgenommen. Durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 28. April 2017 ist das neue Bauvertragsrecht eingeführt und wird am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Ob die Schnittstelle zwischen Leistungsänderung und Gegenleistung, unter Berücksichtigung baubetriebswirtschaftlicher Aspekte und der Ausgeglichenheit zwischen Leistungsänderung und Gegenleistung mittels der vorgegebenen Maßstäbe überhaupt möglich ist, wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht. Hierfür wurde das baubetriebliche System des BGB–Bauvertrags erarbeitet und die Novellierung des Bauvertragsrechts im Hinblick auf die Bereiche des Änderungsrechts (§ 650 b BGB) und der Vergütungsanpassung (§ 650 c BGB) vorgestellt. Basierend auf der Vorstellung des neuen BGB–Bauvertrags wurden die Möglichkeiten der Leistungsänderungen in der Schnittstelle zu der Ermittlung der Mehr- oder Mindervergütungen herausgearbeitet. Dabei wurde festgestellt, dass neben den beiden Vergütungsermittlungsmethoden des § 650c BGB auch die Möglichkeit der freien Vergütungsermittlung nach § 650 b Abs.1 BGB gegeben ist. Auch wie die Sachverhalte Nachlässe, Mengenänderungen bei Einheitspreisverträgen sowie Bauzeit und die Art der Ausführung bei der Kostenermittlung und der Beauftragung von vergessenen Leistungen zu berücksichtigen sind, ist in die Untersuchung eingeflossen. Trotz der aufgezeigten Lücken des neuen Bauvertragsrechts wurde mittels der Untersuchung der Schnittstelle zwischen den Änderungsverlangen und der Vergütung der vergessenen Leistungen festgestellt, dass grundsätzlich die Umsetzung im baubetrieblichen System möglich ist. Mit den vorgestellten Kalkulationsansätzen in Kombination mit einer Gemeinkostenausgleichsrechnung wird ein Ansatz für die Lösung der fehlenden Ausgeglichenheit zwischen Leistung und Gegenleistung vorgestellt. Darüber hinaus wird herausgearbeitet aus welchen Gründen es bei Bauprojekten, die auf dem neuen BGB–Bauvertrag basieren, zu Streit zwischen den Vertragsparteien und damit zu einer Verteuerung und Verzögerung der Bauprojekte kommen wird.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, an den im Ursprung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zugrundeliegenden Kooperationsgedanken anzuknüpfen und eine möglichst für alle an Bauvorhaben Beteiligten nachhaltige und akzeptable Lösung für eine gemeinsame Behebung der nicht vermeidbar auftretenden Bauablaufstörungen herauszuarbeiten. Im Rahmen dieser Lösung soll gewährleistet werden, dass die in der Regel notwendigen, baubegleitenden Fehlerkorrekturen effektiv und unkompliziert auf der operativen Ebene gemeinsam durchgeführt werden. Der sofortige Handlungs- und Entscheidungswille vor Ort soll durch die vereinbarten Vertragsordnungen begünstigt, unterstützt, gefördert und erleichtert werden. Dabei soll sichergestellt werden, dass eine gemeinsame Handlung oder Entscheidung vor Ort immer als grundsätzlich richtig eingestuft wird und durch die allgemeinen Vertragsordnungen im Gegensatz zu einer einseitigen Anordnung präferiert wird. Es muss sichergestellt werden, dass einerseits wieder die Zusammenarbeit und Kooperation im Fokus der Interessen aller Beteiligten stehen und andererseits klare gesetzliche oder vertragliche Regelungen existieren, die eine solche Mitarbeit fördern. Der Raum für eine potenzielle Konfliktentstehung soll maximal verringert werden. Als Ergebnis soll ein Formulierungsvorschlag für den § 19 VOB/B mit der Überschrift “Kooperationspflichten“ herausgearbeitet werden. Aus diesen Pflichten sollen auch Rechte und damit verbundene Vorteile ableitet werden, welche eine Kooperation fördern.