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Beschrieben wird eine bedeutende Karte des hohen Mittelalters, ihre Herkunft, ihr Gehalt, ihre Struktur, einige Aspekte des von ihr verkörperten Weltbildes sowie ihre Dokumentation mit digitalen Medien.
Diese Publikation setzt sich unter dem Leitmotiv der Digitalisierung mit Aspekten der Wissensvermittlung auseinander. In diesem Beitrag ist also zu klären, was Wissen und die Vermittlung des Wissens mit Computertechnik zu tun haben und des weiteren, wie sich das neue Medium Computer in den delikaten Prozeß einmischt, in dem sich Individuen ein Bild von der Welt machen.
Im Jahr 1991 fand in Lueneburg im dortigen Museum ein Ausstellungsprojekt statt, geplant und realisiert von Lehrenden und Studierenden unserer Universitaet. Anna Oppermann war eine der eingeladenen Kuenstlerinnen und steuerte ihr "Friduttchen"-Ensemble bei. Aus diesem Treffen entstand die Idee, den Versuch zu wagen, ihre hoch komplexe, fragile, vergaengliche Arbeit mit den informatischen und kunstwissenschaftlichen Methoden zu dokumentieren, die wir Gelegenheit hatten, ihr vorzustellen. Im folgenden Jahr entstanden dann in enger Absprache mit der Kuenstlerin erste Versionen eines digitalen Archivs ihres Ensembles "Umarmungen, Unerklaerliches und eine Gedichtzeile von R.M.R." Der Beitrag berichtet ueber das Projekt und die Dokumentation der Arbeit Anna Oppermanns mit dem XML-Standard PeTAL.
Die Paechsche "Figuration der Aufloesung" beschreibt den subkutanen Medienwechsel eines mittelalterlichen Manuskripts von 1239, verdraengt vom Satz mit den beweglichen Lettern eines Johann Gensfleisch zum Gutenberg um 1440 in die Turing-Galaxis der digitalen Medien des zwanzigsten Jahrhunderts. Diese Entwicklung wird hier am Beispiel der Ebstorfer Weltkarte nachvollzogen, die im Digitalen wieder ein adaequates Medium fand.
Die Funktion des Archivs ist eine unmögliche. Der Aufgabe, die Archivalien zu bewahren, indem man sie vor dem zerstörerischen Zugriff ihrer Nutzer bewahrt, ist unvereinbar mit der Aufgabe, die eingelagerten Materialien allgemein zugänglich zu machen. Digitale Datenhaltung könnte die Lösung des archivarischen Dilemmas sein, sie ermöglicht so gut wie verlustfreies kopieren und vervielfältigen von Daten. Die sich daraus ergebenden Ewigkeits-Vorstellungen zum Digitalen, legen den Schluß von »digital« auf »Archiv« nahe. Es ist allerdings, um die Pointe vorwegzunehmen, ein Kurz-Schluß, ein Phantasma und kein technisches Faktum, um das es hier geht. Das Digitale, wir werden es noch sehen, ist ein archivarischer Albtraum, und zwar aus vielerlei Gründen, die im Folgenden zur Sprache kommen sollen.
Die Arbeit, von der die Rede sein soll, ist keine historische und keine philologische, sondern eine mediale. Wir haben vor vielen Jahren eine mediale Transformation an der Großen Ebstorferin vorgenommen, eine vom Pergament auf den Computerbildschirm, und dabei eine Zeitspanne der Medientechnik von 700 Jahren überbrückt, dabei die Ära des Buches übersprungen, die so stark unsere heutige Kultur geprägt, vielleicht besser: hervorgebracht, hat.
Zweifellos gibt es fruchtbare Blickwinkel, unter denen Computermedien im Prozeß einer Sinnproduktion zu betrachten sind. Gerade wegen ihrer semantischen Enthaltsamkeit nämlich – zu der noch mehr und Weiteres zu sagen sein wird – wegen ihrer semantischen Abstinenz also sind Computer überaus wirksam bei der Errichtung symbolischer Ordnungen, treten sie als Apparate und Medien bei der Errichtung von Wissensordnungen in Erscheinung, die ohne sie nicht existieren würden.