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Der Wandel des Energiesystems ist eine der zentralen Nachhaltigkeitstransformationen, denen sich die Forschung widmet. Wie für die Transition-Forschung verschiedenlich festgestellt, besteht allerdings eine gewisse Lücke bei der Frage, wie Nachhaltigkeitstransformationen organisiert und finanziert werden. Insbesondere fehlt es erstens an einer Ausdifferenzierung und vertieften Analyse einzelner institutionell-organisatorischer Lösungen und zweitens an einer Darstellung im Zusammenhang der komplexen sozio-ökologisch-technischen Systeme, in die konkrete Organisationslösungen für eine nachhaltige Energieversorgung eingebunden sind. In der vorliegenden Arbeit werden mit genossenschaftlichen Ansätzen, also Organisationslösungen mit (Teil-)Eigentum der Bürgerinnen und Bürger an den Anlagen, spezifische hybride finanzielle Arrangements im Energiesektor in den Fokus gerückt. Dem institutionenanalytischen Ansatz der Bloomington School folgend wird im Rahmenpapier und insgesamt sechs Fachartikeln der Frage nachgegangen, welche Formen genossenschaftlicher Ansätze im Global Norden und Globalen Süden anzutreffen sind und welche Rolle diesen in den Transformationsprozessen des jeweiligen Energiesystems zukommt. Für die Analyse wird auf das Social-Ecological Systems Framework zurückgegriffen, das für die einzelnen Untersuchungen modifiziert bzw. konkretisiert wird. Im Einzelnen wird in den Fachartikeln ein Überblick über die Erkenntnisse zu genossenschaftlichen Ansätzen im Globalen Süden gegeben, auf der Makroebene den wechselnden politischen Prozessen von Koordination und contestation nachgegangen, auf der Mesoebene die Entwicklungen von Windenergiegenossenschaften in Belgien, Dänemark, Deutschland und dem Vereinigten Königreich vergleichend analysiert, der Zusammenhang von Finanz- und Energiesystem untersucht und für diesen Kontext Gerechtigkeitsnormen konkretisiert und schließlich auf der Mikroebene die Inklusivität von Bürgerenergieinitiativen näher betrachtet und Unterschiede in den Investitionsmotiven verschiedener Bürgerenergieakteure herausgearbeitet.
Die Kulturlandschaft im Alpenraum war in den letzte Jahrzehnten einem besonders starken Strukturwandel ausgesetzt. Als Region mit einem hohen Anteil an Grenzertragsstandorten lassen sich hier zwei gegenläufige Entwicklungen feststellen: zum einen findet eine Intensivierung der Landnutzung in Bereichen mit guter Zugänglichkeit und maschineller Nutzbarkeit statt, zum anderen kommt es häufig zu einem Rückgang der Nutzungsintensität oder Nutzungsaufgabe in Bereichen, in denen die landwirtschaftliche Bearbeitung schwierig ist. Die Auswirkungen auf die Biodiversität werden bei beiden Entwicklungen kritisch gesehen, allerdings mangelt es an detaillierten Untersuchungen.
Im Rahmen eines sechsjährigen Forschungsvorhabens wurden auf einer Weidefläche in den Allgäuer Alpen Laufkäfer, Spinnen und Vegetation untersucht. Auf der Fläche fand zu Beginn der Untersuchung eine Nutzungsänderung statt: ein großer Teil der vormals intensiv von Schafen beweideten Fläche wurde auf extensive Rinderbeweidung umgestellt, kleine Teilflächen wurden aus der Nutzung genommen.
Der Fokus dieser Dissertation liegt in den Untersuchungen der Laufkäfer. Hier wurde zunächst ein Erfassungsschema für Laufkäfer in schwer erreichbaren Gebieten der Alpen erarbeitet, um intensive und mehrjährige Untersuchungen logistisch durchführen zu können. Dabei wurden die Ergebnisse der Laufkäfererfassung über die gesamte Vegetationsperiode mit den Ergebnissen einer reduzierten Erhebung verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass eine Beprobung über jeweils zwei Wochen Anfang Juni und Anfang Juli den gesamten Datensatz hinreichend repräsentiert.
Des weiteren wurde untersucht, ob die Vegetation als Surrogat für die beiden untersuchten Arthropodengruppen (Spinnentiere und Laufkäfer) dienen kann, d.h. die Ergebnisse der Vegetation auf die anderen Artengruppen übertragbar ist. Dies wurde sowohl auf Ebene der Artzusammensetzung als auch des Artenreichtums für die drei Taxa geprüft. Zudem wurde überprüft, ob die unter vegetationskundlichen Aspekten abgegrenzten geschützten Lebensraumtypen auch besonders wertvolle Habitate für die Arthropodengruppen darstellen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass eine ausreichende Kongruenz nicht gegeben und damit die Übertragbarkeit von Ergebnissen bei der Vegetation auf die untersuchten Arthropodengruppen in den Gebirgslebensräumen nicht gewährleistet ist. Dies hat eine hohe praktische Relevanz, da im Rahmen von Managementplanungen für die FFH-Richtlinie als auch bei der Bayerischen Alpenbiotopkartierung überwiegend ein starker Fokus auf vegetationskundlichen Aspekten liegt und insbesondere artenreiche Arthropodengruppen meist nicht betrachtet werden.
Abschließend wurde mittels gemischter Modelle (mixed effects models) untersucht, welche Veränderungen bei den Laufkäfern nach der Nutzungsänderung im Untersuchugnsgebiet auftraten. Sämtliche errechneten Modelle zeigten Veränderungen der abhängigen Variablen über die Zeit: nach Aufgabe der intensiven Schafbeweidung nahmen die Arten- und Individuenzahlen sowie die Biomasse an Laufkäfern zu. Die Tiere wurden durchschnittlich größer und es traten mehr herbivore Laufkäfer auf. Auch konnten unterschiedliche Entwicklungen zwischen den Standorten beobachtet werden. Die beobachteten Veränderungen werden im Artikel detailliert diskutiert. Die meisten Veränderungen, insbesondere die Zunahme der Artenzahlen sowie der durchschnittlichen Körpergröße, deuten auf eine Erholung der Laufkäferfauna von der intensiven Schafbeweidung hin. Die Nutzungsumstellung und die aktuell praktizierte extensive Rinderbeweidung werden im Gebiet naturschutzfachlich positiv bewertet. Die Arbeit liefert eine gute Vorlage und fundierte Begründung, gerade auch im Alpenraum verstärkt Laufkäfer bei der Beantwortung naturschutzfachlicher Fragestellungen einzubinden.
Das Ziel der vorliegenden Dissertation ist es, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung des Vorlandes als Ergebnis der sich ändernden hydraulischen Bedingungen zu untersuchen. Die Untersuchung beschäftigt sich mit der Entwicklung des Vorlandes, da dieses Gebiet stark abhängig von Wasserstandsänderungen ist. Diese werden möglicherweise durch Klimawandel verstärkt und können folglich die zahlreichen Funktionen des Vorlandes beinträchtigen. Diese Problematik erfordert die Durchführung einer Untersuchung, die zunächst die durch die Variationen der Wasserstände betroffenen physikalischen Prozesse im Fluss und in den Flussauen analysiert und anschließend eine Methodologie für die Analyse der zukünftigen Entwicklung des Vorlandes herleitet. Beispielhaft wurde ein Bereich an der unteren Mittelelbe in Niedersachsen, Norddeutschland für die Untersuchung ausgewählt. Zu diesem Zweck befasst sich die Untersuchung im ersten Teil mit der aktuellen Diskussion über den Klimawandel und mit den bestehenden Schwierigkeiten, zu einer belastbaren zukünftigen Prognose des Ausmaßes der klimatischen Veränderungen zu gelangen. Anschließend konzentriert sich die Untersuchung auf die Interaktionen zwischen Abflüssen, Vegetation und Sedimenten, die die Flussmorphodynamik bedingen. In diesem Teil der Untersuchung werden die Konzepte des Equilibriums des Flusses und der Anpassung des Gerinnes erläutert. Diese beschäftigen sich mit der Reaktionskette, die aufgrund des Klimawandels im Fluss und in den Flussauen ausgelöst werden kann. Darauffolgend werden die mathematischen Beziehungen für die Darstellung der physikalischen Prozesse, die bei Veränderungen der Abflüsse, der Vegetation und Sedimentation stattfinden, und die entsprechenden Wechselwirkungen erläutert. Zu ihnen gehören Gleichungen zur Darstellung der Flusswasserbewegung, des Widerstandes, der Sedimentation, der Grundwasserbewegung und der Bodenwasserbewegung. Ein Aspekt, der entlang der gesamten Untersuchung hervorgehoben wird, ist die enge Beziehung zwischen den Fluss- und Flussauenprozessen und der in diesen Zonen bestehenden Vegetation. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Untersuchung der mathematischen Modelle, die eine Analyse des zukünftigen Verhaltens des Vorlandes ermöglichen. Mithilfe dieser Untersuchung werden die Vorteile der eindimensionalen Modellierung für die Prognose der Entwicklung dieses Gebiets deutlich. Hinsichtlich Modellierungen von längeren Zeiträumen, z.B. über 100 Jahre, wie in der vorliegenden Arbeit, liefert die eindimensionale Modellierung schnellere Ergebnisse mit weniger Rechnerleistung. Die Untersuchung im ersten Teil der Dissertation führt zur Erkenntnis, dass sich das Verhalten des Vorlandes aus der Interaktion zwischen Fluss- und Flussauenmorphologie und der Auenvegetation ergibt. Diese Interaktionen bestimmen letztlich die zukünftigen Wasserstände und somit die hydraulischen Bedingungen für diese Zone. Für die Analyse des zukünftigen Verhaltens des Vorlandes unter Einfluss des Klimawandels wird eine Methodologie vorgeschlagen, die als Dynamische Interaktion von Modellen bezeichnet wird. Diese Methodologie prognostiziert die Entwicklung des Vorlandes als Ergebnis der Interaktion zwischen Fluss- und Flussauenmorphologie und der Vegetation. Um diese Prognose durchzuführen, werden drei eindimensionale Modelle verwendet, die eine Darstellung des Verhaltens der Fluss- und Flussauenmorphologie und der Vegetation ermöglichen. Die Fluss- und Flussauenmorphologie wird durch ein eindimensionales Flussmodell und ein eindimensionales Sedimenttransportmodell dargestellt. Für die Bestimmung der Verteilung der Vegetation wird zunächst die Bodenwasserbewegung modelliert. Mit diesen Ergebnissen wird durch den Zusammenhang zwischen Bodenwasserstand, Überflutungstoleranz der Pflanzen und Geländehöhe die Variation der potenziellen Flächen für die Pflanzengesellschaften, ein in dieser Dissertation entwickeltes Konzept, analysiert. Der Einfluss des Klimawandels wird durch die Variation von Abflüssen im Flussmodell, im Sedimenttransport- und Bodenwasserbewegungsmodell, sowie bei der Analyse von Veränderungen der Vegetation, berücksichtigt. Dazu werden die durch regionale Klimamodelle prognostizierten zukünftigen Niederschläge in die Berechnung der zukünftigen Abflüsse durch eine in dieser Dissertation entwickelten Modifikation des stochastischen Modells AutoRegressive-Moving-Average (ARMA) eingeschlossen. Die ausgearbeiteten Entwicklungsprognosen der verschiedenen Modelle werden miteinander verknüpft, um zukünftige Wasserstände und Überflutungen und damit die neuen hydraulischen Bedingungen für das Vorland zu prognostizieren. Im zweiten Teil dieser Dissertation wird die vorgeschlagene Methodologie der Dynamischen Interaktion von Modellen in einem Fallbeispiel angewandt. Dafür wurden zwei Messstationen an der Elbe zwischen Elbe-km 511 und 515 installiert, die auch im Rahmen des Projekts KLIMZUG-NORD verwendet wurden. Diese Messstationen ermöglichten innerhalb von 2 Jahren die Erhebung von mehr als 300.000 Felddaten. Diese Informationen erlauben es, die Entwicklung des Vorlandes (2021-2050) in einer regulierten Flussstrecke der Elbe (Mittelelbe) zu prognostizieren. Dazu werden zunächst die bedeutenden Charakteristika des Untersuchungsgebiets dargestellt und nachfolgend Material und Methoden erläutert, die für die Analyse der Entwicklung des Vorlandes im Untersuchungsgebiet erforderlich sind. Die Flussmorphologie wird für den Zeitraum 2001-2100 modelliert, da eine Tendenz bei möglichen Variationen in einem kurzen Zeitraum nur schwer wahrgenommen werden kann. Die jeweiligen Modelle werden u.a. mithilfe erhobener Felddaten, Daten aus der Literatur, Klimadaten aus den Stationen des Deutschen Wetterdiensts (DWD), projizierten Daten des regionalen Klimamodells REMO, Daten des hydrologischen ATLAS von Deutschland, Abflussdaten des Pegels Neu Darchau (Elbe-km 536,4), Geschiebe-Schwebstoffdaten des Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA) und der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), Wassertemperaturdaten der Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe (ARGE-ELBE) und das Digitale Geländemodell (DGM) kalibriert. Die durch das stochastische Modell ARMA/Variation erhaltenen Berechnungen der zukünftigen Abflüsse, die die Prognose der regionalen Klimamodelle berücksichtigen, werden mit den durch die BfG-Modelle erhaltenen Ergebnissen verglichen, um die Problematik der Vielfalt von klimatischen Prognosen anzugehen. Die BfG-Modelle wurden im Rahmen des Projekts Klimaveränderung und Wasserwirtschaft (KLIWAS) entwickelt. Die Anwendung der Methodologie der Dynamischen Interaktion von Modellen auf das Untersuchungsgebiet ermöglicht die Annahme, dass in den nächsten 30 Jahren aufgrund des Klimawandels (Zunahme der Winterniederschläge) ein Anstieg der Wasserstände und Überflutungsrisiken im Vorland dieses Gebiets auftreten wird. Dieser prognostizierte Zustand des Vorlandes basiert hauptsächlich auf Veränderungen der Vegetation, da diese zu neuen Rauigkeitswerten (Manning-Werten) und dadurch zum Anstieg der Wasserstände führen. Schließlich werden in dieser Dissertation die Anwendung und Bedeutung der vorgeschlagenen Methodologie für die Analyse der Entwicklung des Vorlandes anderer Flüsse und Regionen außerhalb Mitteleuropas behandelt.
Internationalisierung und Diversifizierung der Gesellschaft sind nur zwei Schlagworte, die mit aktuellen und prognostizierten Veränderungen der Bevölkerung in Deutschland und dem Stichwort des demografischen Wandels verbunden werden. Der Anteil der Menschen, die persönlich oder familiär einen Herkunftsbezug zu Ländern außerhalb Deutschlands aufweisen, steigt seit Jahren an. Diese Menschen werden in der Bevölkerungsstatistik als Personen mit Migrationshintergrund erfasst, wobei vor allem die eigene Staatsangehörigkeit eine Rolle spielt, sowie diejenige der Eltern. In den Mobilitäts- und Verkehrswissenschaften ist das Wissen über diese Bevölkerungsgruppe in Deutschland sehr gering und fragmentiert. Wenig ist bekannt über das Vorhandensein von Nutzungsvoraussetzungen wie Führerscheinbesitz oder der Fähigkeit Fahrrad fahren zu können, über die Verfügbarkeit verschiedener Verkehrsmittel oder über das alltägliche Mobilitätsverhalten. Auffallend ist diese Lücke vor allem im Vergleich mit den USA, wo sich Verkehrs-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaften mit dem Mobilitätsverhalten von Migranten beschäftigen. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Wissenslücke für Deutschland zu verkleinern. Dabei stellt sich die Frage, ob sich Menschen mit Migrationshintergrund unter den hiesigen Rahmenbedingungen in ihren Mobilitätsvoraussetzungen und in ihrem alltäglichen Mobilitätsverhalten von den Menschen ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Darüber hinaus ist die Identifikation wichtiger Einflussfaktoren zur Erklärung des Verhaltens von besonderem Interesse. Grundlage ist eine - teilweise explorativ angelegte - empirische Studie zum Mobilitätsverhalten von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Offenbach am Main, die 2010 im Rahmen eines Forschungsprojekts am ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung gGmbH durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen den Gruppen. Diese betreffen soziodemografische und -ökonomische Faktoren, mobilitätsbezogene Voraussetzungen wie Führerscheinbesitz oder Verkehrsmittelverfügbarkeit, Fragen zur Mobilitätskultur im Elternhaus, aber vor allem die alltägliche Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Die Ergebnisse werden in dieser Arbeit in Artikelform kumulativ präsentiert und durch einen einrahmenden Text eingeleitet, eingeordnet und im Zusammenhang diskutiert.
‚Reallabore‘ erleben als junges Format transformativer Nachhaltigkeitsforschung gegenwärtig eine beeindruckende Konjunktur – ohne das bislang hinreichend geklärt ist, was sie konzeptionell Neues bieten. Die Dissertation arbeitet den Reallabor‐Ansatz aus Perspektive der transdisziplinären Forschung methodisch aus. Die Basis hierfür bildet die Erfahrung mit dem Auf‐ und Ausbau von einem der ersten Reallabore in Deutschland: Das langfristig ausgelegte „Quartier Zukunft – Labor Stadt“ in Karlsruhe transformiert in Kooperation mit der Zivilgesellschaft ein Quartier modellhaft in einen nachhaltigeren Lebensraum. Es setzt dabei gleichermaßen auf Bildung, Forschung und Praxis.
Die vorgelegten Texte der kumulativen Dissertation bilden verschiedene Stadien der Entwicklung der Reallaborforschung und der methodologischen Reflexion ab. Die ersten beiden Texte entwickeln eine praxisnahe Definition und ordnen Reallabore ein in verwandte Diskurse. Die folgenden beiden Texte stammen aus der beginnenden Stabilisierung des Reallabordiskurses. Der eine stellt Ziele und Designprinzipien
für Reallabore als Rahmen transformativer und transdisziplinärer Forschung dar, der
zweite greift aktuelle Diskussionen um Lernprozesse konzeptionell auf. Die letzten beiden Texte fokussieren auf die Ebene der Projekte im Reallabor am Beispiel der Transformativen Projektseminare, einmal in analytischer Perspektive, einmal in methodisch‐didaktischer. Der Rahmentext abstrahiert die Ergebnisse der zuvor publizierten Texte entlang dreier Forschungsfragen und integriert sie zu einem Konzeptmodell transdisziplinärer Forschung im Reallabor, dem „Apfelmodell“.
Auf Basis von Diskursen zu Transdisziplinarität, Nachhaltigkeitswissenschaften, Bildungstheorie und Didaktik sowie zu Laboren mit sozialwissenschaftlicher oder interdisziplinärer Ausrichtung werden drei Forschungsfragen verfolgt: Was ist neu am Reallabor‐Ansatz? Welches Potenzial hat ein Reallabor für transdisziplinäre Forschung? Und welche Rolle spielt Lernen im Reallabor? Die methodologische
Reflexion führt zu einem Verständnis von Reallaboren als Format zwischen Urban Living Labs und Transition Labs, das sich gegenüber diesen insbesondere durch Langfristigkeit, Bildungsziele und eine klare Trennung zwischen Labor und Experimenten auszeichnet. Aus der kritischen Auseinandersetzung mit Reallaboren wird eine doppelte Bezugnahme auf Transdisziplinarität herausgearbeitet, einerseits als Infrastruktur für transdisziplinäre Projekte, andererseits als in sich transdisziplinäres Unterfangen. Ausgehend von dieser Unterscheidung wird ein Vorschlag gemacht, an welche experimentellen Methodologien jenseits der klassisch‐naturwissenschaftlichen die transdisziplinäre Forschung, die bislang kaum experimentell arbeitet, anknüpfen kann. Das Reallabor unterstützt solche Experimente durch einen Rahmen aus materieller Infrastruktur, durch Kompetenzen der Beteiligten,
durch Wissensbestände und soziale Vernetzung. Die Vernetzung über Projektgrenzen hinweg, ein weiteres wesentliches Charakteristikum eines Reallabors, dient dazu, parallele Experimente zu vernetzen und iterative Lernzyklen zu unterstützen.
Diese Aspekte werden verbunden zum „Apfelmodell“ transdisziplinärer Forschung im Reallabor, in dem das Reallabor als doppeltes Bindeglied fungiert, einerseits zwischen internen und externen Lernzyklen, und andererseits zwischen wissenschaftlichen, bildungsorientierten und praktischen. Durch die Interpretation der Abläufe im Reallabor als Lernprozesse wird ein Anschluss an Bildungsprozesse
auf unterschiedlichen Skalen möglich. Neben Lernprozessen im Reallabor als Lernumgebung lässt sich das Reallabor als lernende Institution und als Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Lernprozesse verstehen. Das Apfelmodell kann gleichermaßen im Kontext theoretischer Fragen im Transdisziplinaritätsdiskurs
herangezogen werden als auch praktischen Zwecken dienen, insbesondere in der Planung von Reallaboren, in der quervernetzten Konzeption von Projekten darin, in der Evaluation und in der Kommunikation.
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Feststellung, dass in einer Zeit des integrations-politischen Aufschwungs in den 2000er Jahren durch kulturpolitische Verbände sowie auf politischer Ebenen eine Position verbreitet wurde, wonach kulturelle Ausdrucksweisen wie Musik Potentiale zur gesellschaftlichen Integration aufweisen. Parallel gerieten Migranten als (Nicht-) Nutzer von Kultureinrichtungen in den kulturpolitischen Fokus. Aus integrations-, kultur- und bildungspolitischer Perspektive wurde untersucht, inwieweit Musikförderung zur gesellschaftlichen Integration beiträgt und wie sich dies in der Förderpolitik niederschlägt. Zunächst wurde auf Basis einer Sekundäranalyse hinterfragt, welche Funktionen Musik im Kontext von Migration und Integration zukommen. Im Rahmen einer Politikfeldanalyse wurden anhand des Policy Cycle aus Sicht der Integrations- und der Kulturpolitik politische Entscheidungsinhalte (Fördergegenstände, Förderziele) einschließlich Umsetzung (Förderstrukturen) und Ursachen (Förderverständnis) auf Landes- und Bundesebene analysiert. Dazu wurden Kultur- und Integrationskonzepte sowie Antragsformulare, Förderrichtlinien und Gesetze in den Bereichen Kulturpolitik, interkulturelle Kulturpolitik und Integration analysiert. Eine abgestimmte Herangehensweise an die Herausforderungen der Integration in der Bildungs-, Integrations- und Kulturpolitik sind nicht erkennbar. Handlungsfelder, Strukturen, Ziele, Fördergegenstände und die damit verbundenen Abhängigkeiten sind in den Kultur- und Integrationskonzepten nicht eindeutig abgrenzbar. Durch die interdisziplinäre Herangehensweise wurde gezeigt, dass die Erkenntnisse der verschiedenen Forschungsfelder (z. B. interkulturelle Musikpädagogik, Organisationsentwicklung) in den jeweils anderen kaum Beachtung finden.
Seit über 25 Jahren wird der Einsatz von Bürgerbeteiligungsverfahren zu Fragen der Technikentwicklung und -implementierung von unterschiedlichsten Erwartungen auf verschiedenen Seiten begleitet und führt regelmäßig zu Ernüchterungen bei Beobachtern und Beteiligten. Ausgehend von dieser Beobachtung untersucht diese Arbeit, welche Zuschreibungen an die Rolle des Bürgers in der Governance neuer Technologien durch Bürgerbeteiligungsverfahren erzeugt bzw. zum Ausdruck gebracht werden. Die Untersuchung geht der Annahme nach, dass in organisierten Bürgerbeteiligungsverfahren sich jeweils eine bestimmte Form der Bürgerrolle manifestiert, die sich jeweils auf ein bestimmtes Verständnis der Wissenschafts- und Technikkultur sowie der Wissenschafts- und Technikgovernance der Sponsoren und/oder Organisatoren des Verfahrens zurückführen lässt. So lassen sich über die Analyse von Bürgerbeteiligungsverfahren dominante oder sich wandelnde Verständnisse von der Rolle der Bürger in der Technikkultur und Technikgovernance ablesen. Danach müsste sich im Ländervergleich zeigen, dass die Rolle der Bürger in Beteiligungsverfahren zu vergleichbaren soziotechnischen Fragestellungen jeweils durch den länderspezifischen Kontext geprägt wird. Empirisch wird diese Annahme in einem Vergleich von gut dokumentierten Beteiligungsverfahren zur Nanotechnologie aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland überprüft. Der Untersuchungsansatz geht dabei über den vieler Fallstudien zur Bürgerbeteiligung in der Wissenschafts- und Technikforschung hinaus und analysiert nicht nur einzelne Beteiligungsverfahren nach normativen Kriterien im Hinblick auf ihre Qualität und Performance. Bürgerbeteiligungsverfahren sollen vielmehr als ein Phänomen betrachtet werden, an welchem sich die Sichtweisen und Einstellungen ihrer Auftraggeber, Organisatoren und Adressaten über das Verhältnis zwischen den Bürgern auf der einen und Politik, Forschung und sonstigen in der Technologieentwicklung und -governance involvierten Akteuren auf der anderen Seite ablesen lassen. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Fragestellung, wie in Bezug auf die Beteiligungspraxis Bedeutungen von der Rolle des Bürgers in der Technologiegovernance hergestellt, kommuniziert und interpretiert werden. Beteiligungsverfahren und die durch sie konstituierte Bürgerrolle werden dabei auch als Bestandteile von Diskursen betrachtet. Damit verfolgt diese Arbeit ein Erkenntnisinteresse, welches dem interpretativ-hermeneutischen Ansatz der Policyanalyse nahesteht.
Das Emotionswissen umfasst verschiedene Bereiche des Erkennens und des Verständnisses von den Emotionen und Emotionsauslösern in anderen Menschen. Die Entwicklung des Emotionswissens findet zu einem großen Teil in der frühen und mittleren Kindheit statt und hängt mit verschiedenen weiteren emotionalen, sozialen und kognitiven Kompetenzen zusammen. In der aktuellen Forschung bestehen jedoch große Unterschiede in der Operationalisierung des Konstruktes. Diese Dissertation hat das Ziel, einige Zusammenhänge des Emotionswissens mit weiteren Variablen genauer zu untersuchen und ein neues Instrument zur Erfassung des Emotionswissens bei Kindern vorzustellen. Es wird der Zusammenhang des Emotionswissens von Kindern in der frühen und mittleren Kindheit mit schulischem Erfolg in Form von der Peerakzeptanz, der Einstellung zur Schule und der akademischen Leistungen betrachtet. Zudem werden die Entwicklung des Emotionswissens bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund, unter Einbezug ihres Sprachverständnisses und ihrer behavioraler Selbstregulation, verglichen. Außerdem werden die psychometrischen Eigenschaften des neu entwickelten Adaptiven Tests des Emotionswissens für drei- bis neunjährige Kinder untersucht. In dem ersten Beitrag der Dissertation, der drei Metaanalysen zum Zusammenhang zwischen dem Emotionswissen und schulischem Erfolg vorstellt, ergaben sich ein mittlerer Zusammenhang des Emotionswissens mit akademischem Schulerfolg und kleine Zusammenhänge mit Peerakzeptanz und der Einstellung zur Schule. Es zeigte sich unter anderem der sozioökonomische Status als ein moderierender Faktor auf diese Zusammenhänge. Im zweiten Beitrag der Dissertation, in dem ein Zuwachsmodell des Emotionswissens unter Einbezug von drei Messzeitpunkten innerhalb eines Jahres berechnet wurde, zeigten Kinder mit Migrationshintergrund zu allen Messzeitpunkten ein statistisch bedeutsam geringeres Emotionswissen als Kinder ohne Migrationshintergrund. Der Zusammenhang des Migrationshintergrundes mit dem Anfangswert des Emotionswissens wurde dabei vom Sprachverständnis und der behavioralen Selbstregulation mediiert. Der Adaptive Test des Emotionswissens für drei-bis neunjährige Kinder wurde mit dem Ziel entwickelt, eine differenzierte und gleichzeitig zeitökonomische Erhebung des Emotionswisssens bei dieser Altersgruppe zu ermöglichen. Der dritte Beitrag der Dissertation stellt die psychometrischen Eigenschaften des Tests vor, der bei einer Stichprobe von 581 Kindern angewendet wurde. Die vorliegende Dissertation unterstreicht die Relevanz des Emotionswissens bezüglich des sozialen und akademischen Erfolges von Kindern und verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen Kinder mit Migrationshintergrund stehen. Der Adaptive Test des Emotionswissens für drei-bis neunjährige Kinder stellte sich als ein reliables und valides Instrument heraus, welches die Forschung zum Emotionswissen von Kindern vergleichbarer machen könnte.
Gegenstand der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA) ist der sozialpolitische Diskurs zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in der Zeit von 2005 bis 2016. Im Rahmen der WDA wurden zwei Diskursformationen, die die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe notwendig machen erarbeitet: Der Kapazitätendiskurs, der einen monetären Sachzwang konstituiert, auf der einen und der emanzipatorisch-bürger*innenrechtliche Diskurs, der die Nichtpassung des gegenwärtigen Hilfesystems mit menschenrechtlichen Bestrebungen einer gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft thematisiert, auf der anderen Seite. Zudem wurde die diskursive Konstituierung des zentralen Reformkonzepts ´Personenzentrierung´, das produzierte Wissen über dieses Konzept, die Strategien der beteiligten Akteur*innen, die mit dem Konzept verfolgt werden, und die dahinter liegenden Deutungsmuster de- und rekonstruiert. Personenzentrierung konstituiert sich insbesondere durch ihre Abgrenzung zu der nicht mehr gewollten, paternalistischen und tendenziell kostenaufwendigen Institutionenzentrierung. Sie beschreibt einen Steuerungsmodus, der mit der Zentrierung des Individuums als zentrales Steuerungsmoment im Leistungsgeschehen und deren Vorstellungen, ihre Leben zu führen, die je passgenauen Leistungen je individuell komponiert (Hilfe folgt Bedarf). Die doppelte Anschlussfähigkeit von Personenzentrierung an die ausgehenden Problemdiskurse offenbart zwei zentrale Deutungsfiguren: Personenzentrierung wird einerseits zu einem sozialpolitischen Steuerungsinstrument, das bedarfsgerechtere und effizientere Leistungen organisiert und Leistungsberechtigte zur Mitwirkung aktiviert, um damit Kosten zu sparen, und andererseits zu einem Selbstbestimmungskonzept, das Leistungsberechtigte aus paternalistisch-fürsorglichen Strukturen befreit und sie als Expert*innen ihrer eigenen Teilhabebedarfe in den Mittelpunkt rückt.
Das Recht der Freileitung im Spannungsfeld planerischer, technischer und ökologischer Anforderungen
(2019)
Die Energiepolitik in Deutschland hat in den letzten Jahren umfassende Veränderungen erfahren. In den Fokus rücken dabei immer mehr die erneuerbaren Energien. Deren Anteil an der gesamten Energieerzeugung wird in Zukunft weiter ansteigen. Hintergrund ist die Umsetzung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung: Im Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung von 2010 wird eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40% bis zum Jahr 2020 und bis zum Jahr 2050 sogar um 80% gegenüber dem Stand von 1990 angestrebt. Neben dem Energiekonzept der Bundesregierung stellen das Reaktorunglück von Fukushima und die damit verbundene Energiewende 2011 eine wesentliche Zäsur für die Energiepolitik in Deutschland dar. Die Folge war ein beschleunigter Ausstieg aus der Kernenergie sowie die sofortige Abschaltung von acht Kernkraftwerken. Neben der Laufzeitverkürzung und Stilllegung von Atomkraftwerken wurde auch das aus mehreren neuen Gesetzen und Gesetzesänderungen bestehende Energiepaket verabschiedet. Dort wurde mit der Einführung der §§ 12a ff. Energiewirtschaftsgesetz erstmalig eine bundesweite Bedarfsplanung für den Bau von Höchstspannungsleitungen festgelegt. Zudem erfolgte mit der Einführung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz (NABEG) erstmalig ein bundesweit gültiges Gesetz für die Planung von Vorhaben auf der Ebene der Höchstspannungsnetze. Die vorliegende Arbeit untersucht vor diesem Hintergrund die Frage, ob durch die neu geschaffenen Regelungen des NABEG für Höchstspannungsleitungen eine Beschleunigung innerhalb des Planungsverfahrens erreicht werden kann und ob die mit dem NABEG verfolgten Ziele umgesetzt worden sind. Dabei wird aufgezeigt, wie sich die Zielsetzungen des NABEG zu den denjenigen Zielen der im Rahmen der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange zu beachtenden, sonstigen fachspezifischen Gesetzen verhalten. Der Beschleunigungsgedanke darf nicht dazu führen, dass umwelt-, immissionsrechtliche und sonstige fachgesetzliche Aspekte an Gewicht verlieren. Dabei werden auch mögliche Probleme der jetzigen Gesetzeslage beim Freileitungsausbau sowie weitere gesetzliche Möglichkeiten, die Beschleunigung des Netzausbaus zu erreichen, aufgezeigt.