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In Museen und Umweltzentren hält die Computertechnik Einzug. Erst in der Verwaltung zur Datenverarbeitung, dann in den Magazinen als Katalogersatz eingesetzt, breitet sich in den letzten Jahren der Computer in den Besucherbereich als Ausstellungsmedium aus. Die Ausstellungsmacher werden mit einem neuen Medium konfrontiert, welches den meisten von ihnen fremd ist. Während ihnen andere Medien der Ausstellungsgestaltung bekannt sind und sie deren Vor- und Nachteile kennen, ist ihnen allein schon die digitale Technik unvertraut.
Das Thema dieser Arbeit ist Parmigianinos Selbstporträt im Konvexspiegel, sein Entstehungskontext und seine Wirkung. Es lässt sich auf das Jahr 1524 datieren, in dem der junge parmaische Maler Francesco Mazzola, genannt Parmigianino, entschließt nach Rom zu gehen. Dort stellt er sich dem Papst vor, um diesen mit auserwählten Werken für eine Anstellung am klerikalen Hof zu überzeugen. Drei Werke bringt er mit sich: Die Heilige Familie, die Beschneidung und das Selbstporträt im Konvexspiegel. Während die ersten beiden aufgrund ihrer Themenwahl dem sakralen Ambiente angemessen gewählt sind, fällt das letzte diesbezüglich aus dem Rahmen. Dieses zeigt den jungenhaften Maler in einem unwirklichen Raum, wie er dem Betrachter eine enorm verzerrte, große Hand entgegenhält und ihn dabei gleichmütig anschaut. Doch nicht nur das gewählte Bildsujet, ein Selbstporträt in deformierter Gestalt, ist speziell. Auch der Malträger mit seiner konvexen Wölbung hebt sich durch seine materielle Beschaffenheit von bisherigen Gemälden ab. Die größte Motivation für Künstler ist es, Aufsehen zu erregen und dem immerwährenden intrinsischen Bestreben nach Ruhm nachzueifern. Doch die treibende Kraft für die Schaffung eines Kunstwerks resultiert nicht allein aus dem einem Künstler innewohnenden Ausdruckswillen. Vielmehr ist dieser ebenso gesellschaftlichen und zeitgeistlichen Bedingungen unterworfen, unter denen er Kunst schafft und die er in dieser verarbeitet. Für die Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk muss der kausale und zeitabhängige Zusammenhang zwischen Künstler und Gesellschaft berücksichtigt werden. nichtsdestotrotz muss das Wesen eines Kunstwerks in seinem in sich geschlossenen Kosmos gesehen werden. Der Sinn seiner Existenz besteht im ästhetischen Empfinden, den das Werk in der Lage ist auszulösen. Es bleibt konstant in seiner Wirkung, solange es als Ganzes existiert. Vorsicht ist dann geboten, wenn ihm der Forschungseifer sein autonomes Wesen abspricht und es anstatt dessen „nur“ noch als Dokument (s)einer Zeit sieht.
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel zu vermitteln, was unter dem Erlebnisnutzen von Produkten und Erlebnisökonomie verstanden werden kann, und will dabei zeigen, welches Potential die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema bietet. Ähnlich wie sich Dienstleistungen von Sachgütern abgrenzen lassen und eigene Kennzeichen besitzen, lässt sich demnach auch der Erlebnisnutzen von Produkten näher beschreiben. Bislang fehlt jedoch eine umfassende, differenzierte Beschreibung dieser Nutzenaspekte. Mit dem ersten Teil der Arbeit soll hierfür ein erstes Fundament geschaffen werden. Zur Beschreibung des erlebnisorientierten Konsums wird dabei der Begriff „Erlebnisnutzen“ verwendet. Die gesamte Arbeit beschäftigt sich mit diesem Erlebnisnutzen von Produkten und betrachtet die Erlebnisökonomie als eine Veränderung in der Gewichtung verschiedener Nutzenkomponenten. Als Verständnisgrundlage wird daher zunächst erklärt, was der Begriff „Kundennutzen“ beinhaltet und welche Bedeutung dieser für Konsumenten und Unternehmen besitzt. Anschließend soll einführend vermittelt werden, warum ein Erlebnisnutzen bei Produkten in einer Form vorhanden sein muss und ein wesentliches Konsummotiv darstellt. Im Hauptteil der Arbeit werden drei verschiedene Konzepte einer Erlebnisökonomie vorgestellt. Gezeigt wird zum einen, welche Auffassung eines Erlebnisnutzens der Autor jeweils vertritt und zum anderen, inwiefern dieser Erlebnisnutzen an Bedeutung gewinnt, sodass von einer Erlebnisökonomie gesprochen werden kann. Außerdem soll gezeigt werden, wie die Entstehung der Erlebnisökonomie jeweils begründet wird. Im letzten Teil werden zunächst die drei Konzepte einer Erlebnisökonomie hinsichtlich ihrer Aussagekraft bewertet, um herauszustellen, welches Bild einer Erlebnisökonomie sich aufgrund der kritischen Betrachtung ergibt. Abschließend werden die Potentiale für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema basierend auf diesem Bild einer Erlebnisökonomie dargestellt.
Diese Arbeit behandelt das Ausstellungsprojekt Services: Bedingungen und Verhältnisse projektorientierter künstlerischer Praktiken Services: The Conditions and Relations of Service Provision in Contemporary Project-Oriented Practice), das von Januar bis Februar 1994 auf Einladung von Beatrice von Bismarck, Diethelm Stoller und Ulf Wuggenig im Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg stattfand und sich mit den veränderten Arbeitsbedingungen und -verhältnissen in der projektorientierten künstlerischen Praxis beschäftigte. Das Projekt Services kann in mehrerer Hinsicht als bedeutend angesehen werden: Zunächst lieferte Services das neue Konzept einer „Arbeitsgruppen-Ausstellung“ (“Working-Group-Exhibition“), bei der sich Künstler/innen und Kurator/innen trafen, um über Probleme der künstlerischen Praxis zu diskutieren und Richtlinien für verbesserte Arbeitsbedingungen zu entwerfen. Services stellte somit vielmehr einen Diskurs über künstlerische Praxis dar, als eine auf visuellen Objekten basierende Ausstellung. Der Titel des Ausstellungsprojekts gründet zudem auf der Annahme der Organisator/innen Helmut Draxler und Andrea Fraser, dass die Arbeitsbedingungen und Spannungsverhältnisse in der projektorientierten künstlerischen Praxis der 1990er Jahre Ähnlichkeiten mit den Bedingungen und Verhältnissen einer Dienstleistung aufweisen. Dieser Vergleich von künstlerischer Praxis mit einer Dienstleistung wirft zunächst viele Fragen auf: So scheint die Autonomie des Künstlers/der Künstlerin oder die Freiheit der Kunst von ökonomischen Zwängen im Widerspruch zu zweckgerichteten Formen der Produktion wie der Dienstleistung, die einem Auftraggeber oder einer bestimmten Gruppe „dienen“ soll, zu stehen. Dies hängt auch mit der Vorstellung von Kunst als einer letzten autonomen Domäne der Zweckfreiheit zusammen, die noch stark in der Gesellschaft verankert ist. Mit diesem spannungsreichen Verhältnis spricht Services ein sehr aktuelles Thema an: Das Verhältnis von Kunst und Arbeit bzw. Kunst und Dienstleistung sowie die Arbeitsbedingungen von Künstler/innen und Kulturproduzent/innen werden in Zeiten der kulturindustriellen Produktion wieder zunehmend in theoretischen Abhandlungen und Ausstellungen thematisiert. Diese Arbeit will hinterfragen, inwiefern die Bedingungen und Verhältnisse projektorientierter künstlerischer Arbeiten mit einer Dienstleistung verglichen werden können bzw. inwiefern dieser Vergleich auch problematisiert werden kann. Zudem ist es ein zentrales Anliegen dieser Arbeit das Spannungsverhältnis zwischen Kritik und Affirmation, dass die Charakterisierung von Kunst als Dienstleistung beinhaltet, anhand der Projekte der teilnehmenden Künstler/innen von Services herauszuarbeiten. Dabei wird ersichtlich, dass dieses Spannungsverhältnis insbesondere vor dem Hintergrund der Frage nach der Autonomie der Kunst, die scheinbar im Widerspruch zu ihrer Indienstnahme steht, deutlich wird. Zentral für die folgende Untersuchung ist deshalb der Autonomiebegriff von Andrea Fraser und Pierre Bourdieu. Anhand ihres Autonomiebegriffs soll gezeigt werden, inwiefern das Aufgreifen von Dienstleistungsstrukturen von Künstler/innen auch als eine gezielte Kritik am Autonomiebegriff intendiert war. Der zweite wichtige Untersuchungspunkt dieser Arbeit ist die historische Herleitung projektorientierter Kunst oder Dienstleistungskunst, die insbesondere in Frasers Ausführungen zum Dienstleistungsbegriff deutlich wird. Anhand ihrer Theoretisierung soll deshalb nachverfolgt werden, wie der fundamentale Wandel im Verständnis der Rolle des Künstlers/der Künstlerin mit dem Einzug von dienstleistungsähnlichen Strukturen in die Kunstpraxis zusammenhängt. Fraser und Draxler gehen davon aus, dass die Entwicklung von Kunst als Dienstleistung auf den historischen Entwicklungen der 1960er/1970er Jahre, insbesondere auf ortsspezifischen, konzeptuellen und “post-studio“-Praktiken, basiert. Deshalb wird diese Arbeit die institutionskritische und projektorientierte Kunst der 1990er, die Services repräsentiert, in den Kontext der institutionskritischen Praxis der 1960er/1970er Jahre einordnen.
Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue? Ikonoklasmus in der Moderne am Beispiel Barnett Newmans
(2015)
Die vorliegende Bachelorarbeit gibt einen Einblick in das Konzept der Transkulturalität nach Wolfgang Welsch. Angesichts der Erkenntnisse Welschs wird ein Modell für transkulturelle Kompetenz entwickelt und vorgeschlagen, welches sich maßgeblich an dem 3-Säulen-Modell transkultureller Kompetenz nach Dagmar Domenig sowie dem Kompetenzmodell für den Lernbereich Globale Entwicklung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) orientiert. Orientierungswissen (Erkennen), Selbstreflexion (Bewerten) und Empathie (Handeln) bilden die drei Säulen des hier neu vorgeschlagenen Konzeptes. Ausgehend von dem handlungs-orientierten Kommunikationsprinzip der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg soll die Bedeutung der Selbstempathie in Bezug auf die drei genannten Säulen dargestellt werden. Ziel der Arbeit ist es daher - neben der Entwicklung des Kompetenzmodells - zu diskutieren, inwiefern Selbstempathie notwendige Voraussetzung für die Förderung transkultureller Kompetenz ist.
Gegenstand der Dissertation FOU DU ROI ist eine kulturwissenschaftliche Untersuchung mit dem Ziel, nähere Einsichten über prägende Bedingungen visueller Wirklichkeitswahrnehmung zu gewinnen. Ausgangspunkt ist eine Weiterentwicklung der Magisterarbeit DIE WELT IM ZIMMER vom selben Autor, die vorrangig medienbezogene Fragestellungen behandelte, jedoch mit den Bezugsmodellen Panorama (Barker) und Panopticon (Bentham) bereits das Potenzial für eine umgewendete Perspektive offenbarte. Im Fokus steht nun die subjektive Wahrnehmung von Wirklichkeit. Beabsichtigt ist in diesem Sinne, eine neue Perspektive auf das menschliche Seh- und Vorstellungsvermögen zu eröffnen und unsere eindrucksvolle Befähigung zur Einlassung auf natürliche wie mediale Umwelten zu verdeutlichen. Hierauf gründet sich die leitende Hypothese: Die Paradigmen Panorama und Panopticon verfügen - in ihrer modellhaften Einzigartigkeit wie in ihrer dialektischen Verwobenheit, in ihrer Gegensätzlichkeit wie in ihrer Komplementarität - über ein hohes analytisches Potenzial. Dieses ist für ein vertieftes Verständnis visueller Wirklichkeitswahrnehmung nutzbar zu machen, und es legt die Formulierung eines übergeordneten, metaphorischen Paradigmas nahe: PREMIER PANNEAU. Mit dem Rückgriff auf die Entwürfe von Barker und Bentham werden zwei Arbeiten genutzt, deren Relevanz für kulturgeschichtliche und philosophische Betrachtungen unbestritten ist. Ihre paradigmatische Verwendung erlaubt es einerseits, auf einen anerkannten Argumentationshintergrund zurück zu greifen, andererseits ist die systematische Zusammenführung und Auswertung noch wissenschaftliches Neuland. Die berühmte Narrenweltkarte nach Ortelius (um 1600) wird hierfür zu einer metaphorischen Montage erweitert, in deren Zentrum König und Narr stehen. Sie begründen als virtuelle Figuren in antagonistisch-komplementärer Gegenüberstellung auch den Haupttitel FOU DU ROI. Ganz im Zeichen des halbgeteilten Narrenkostüms Mi-Parti ist die Weltkarte somit Dreh- und Angelpunkt eines dialektisch geprägten Konzepts, das die verschiedenen Betrachtungsdimensionen miteinander verknüpft.
Im 20. Jahrhundert hat sich der Stellenwert von Kindern in westlich geprägten Gesellschaften erhöht: Verhütung und Abtreibung sind zuverlässiger beziehungsweise sicherer, üblicher und einfacher zugänglich geworden. Die Möglichkeit, sich nun auch gegen ein Kind entscheiden zu können, legt die Vermutung nahe, dass auch die Entscheidung für ein Kind bewusster getroffen wird als in früheren Zeiten. Zudem hat sich durch (entwicklungs-)psychologische Zugänge der Blick auf Kinder verändert: Anders als zuvor werden sie nun als eigenständige Persönlichkeiten betrachtet und ihnen werden mehr Bedürfnisse zugesprochen, bei deren Nichterfüllung mit Folgen für die psychische und auch physische Gesundheit des Kindes gerechnet wird. Diese Diskurse – die (zumindest unterstellte) bewusste Entscheidung für ein Kind und die größere Bedeutung, die der Erziehung im weitesten Sinne beigemessen wird – erhöhen den gesellschaftlichen Anspruch an Mütter: Entscheidet sich eine Frau dafür, ein Kind zu bekommen, so soll sie diesem auch eine gute Mutter sein. Ausgehend von dieser Beobachtung steht die Frage nach einem veränderten Mutterideal und den damit verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen an Mütter im Mittelpunkt dieser Arbeit. Exemplarisch verdeutlicht werden diese Zusammenhänge am Beispiel des Stillens.
Von Open Access zu Open Science: Zum Wandel digitaler Kulturen der wissenschaftlichen Kommunikation
(2016)
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine explorative Studie zum Verständnis der Konzepte von Open Access und Open Science im Rahmen der Digitalisierung und der Differenzierung zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Reputation. Ziel der Arbeit ist die Darstellung, Analyse und Verhandlung der Annahmen rund um die Etablierung sowie die Durchführung von offenen und digitalen wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen. Die forschungsleitende Hypothese dieser Arbeit ist, dass sich die Öffnung des Zugangs zu wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Gesamtgesellschaft (Open Access) in einer Übergangsphase zur Öffnung des Zugriffs auf den gesamten wissenschaftlichen Erkenntnisprozess (Open Science) befindet. Im Verlauf der Arbeit werden die Vorannahmen zum Interesse an der Öffnung wissenschaftlicher Kommunikation und der Verbreitung dieser den praktischen Gegebenheiten im wissenschaftlichen Alltag in einer Befragung gegenübergestellt. Dabei wird die Thematik in Bezug zu den Herausforderungen an die wissenschaftliche Gemeinschaft und das wissenschaftliche System gesetzt sowie in einen historischen Kontext gestellt. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die Diskrepanz zwischen der Idee der Öffnung von wissenschaftlicher Kommunikation und der wissenschaftlichen Realität adressiert, sowie Katalysatoren und Hindernisse für die Umsetzung der Konzepte rund um die Öffnung von Wissenschaft identifiziert und empirisch überprüft. Die Erfahrungen und Meinungen der befragten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen werden den Erfahrungen aus einem Selbstversuch des jederzeit öffentlich einsehbaren Erstellungsprozesses dieser Arbeit gegenübergestellt, die Unterschiede zwischen den Disziplinen herausgearbeitet und Handlungsempfehlungen für das offene Bearbeiten wissenschaftlicher Fragestellungen abgeleitet. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst, bewertet und in einem Ausblick Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsbemühungen dargestellt. Die gesamte Arbeit wurde direkt und unmittelbar bei der Erstellung für jeden, jederzeit frei zugänglich im Internet auf live.offene-doktorarbeit.de unter einer offenen und freien Lizenz (opendefinition.org) maschinenlesbar veröffentlicht.
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist das künstlerische Werk von Isa Genzken (geb. 1948). Untersucht werden rezeptionsästhetische Formen des frühen, architektonischen Werkes sowie jüngster, figürlicher Arbeiten. Charakteristisch für das Gesamtwerk der Künstlerin ist ein formaler Bezug zur künstlerischen Praxis der Minimal Art. Zugleich verwendet die Künstlerin Formen und Motive, die über das individuelle und das kollektive Wissen des Betrachters entschlüsselbar sind. Vor allem in den jüngsten Skulpturen und Installationen lässt sich eine konsequente Entwicklung von einer formalistischen Formensprache hin zu einer medienhybriden, installativen Arbeitstechnik unter Verwendung auch figürlicher Bildelemente feststellen. Ziel der Dissertation ist es zu begründen, inwiefern die unterschiedlichen Lesarten, die sich aus diesem Spannungsverhältnis ergeben, der in der Kunsttheorie der Moderne gängigen Unterscheidung von "literaler" und "illusionistischer" Kunst widersprechen, die anlässlich des gesteigerten Literalsinns der Minimal Art aufgestellt wurde.
Die (Re)produktion von Weiblichkeitskonstruktionen durch Werbung am Beispiel der Videospots Zalandos
(2018)
Die Bachelorarbeit untersucht mithilfe der Film- und Fernsehanalyse nach Lothar Mikos den Werbespot "Banküberfall" der Werbeagentur Jung von Matt für den deutschen Online-Versandhandel Zalando in Hinblick auf die Darstellungsweise von Weiblichkeit. Das Material wird daraufhin analysiert, welche Weiblichkeitskonstruktionen es liefert. Es soll erforscht werden, auf welche Praktiken, Mechanismen und Formen der Geschlechterherstellung zurückgegriffen wird, um Weiblichkeit als binäre Struktur zu inszenieren. Der Spot wird dabei im Kontext des vorausgehenden theoretischen Teils analysiert. Dieser stützt sich auf Judith Butlers Annahmen zum prozessualen Sein und Werden von Weiblichkeit. Es wird die These aufgestellt, dass der Zalando-Werbespot, indem er geschlechtsspezifisch agierende Figuren nutzt und Stereotype abbildet, die bereits vorgefertigten Bilder des Frauseins, sowie eine binäre Geschlechterordnung (re)produziert. Diese Annahme wird jedoch nach Lothar Mikos Methode ebenso auf Brüche und Ambivalenzen untersucht. Das Ziel der Arbeit mündet darin aufzuzeigen, durch welche diskursiven, verbalen, sowie nonverbalen Verfahren Weiblichkeit erst als übergreifendes Gesellschaftskonstrukt und später als konkretes Konstrukt im Werbespot hergestellt wird. Das Aufzeigen einer greifbaren Weiblichkeitsvorstellung in der Reklame soll exemplarisch dafür stehen, wie standhaft sich bestimmte Vorstellungen über die Frau auch heutzutage noch in der Gesellschaft, den Medien und der Werbung halten.
Machinima sind aus einer partizipatorischen Medienkultur der Zweckentfremdung, Aneignung und Adaption von Medientechnologie hervorgegangen und haben sich als ein maßgeblicher ökonomischer, sozialer und kultureller Faktor der Unterhaltungsindustrie etabliert. Das Ziel der vorliegenden Doktorarbeit besteht darin, die emergente Entstehung von Quake Movies und deren Stabilisierung als Machinima, d. h. als Akteur-Netzwerke menschlicher und nichtmenschlicher Akteure zu beschreiben, die Intermedialität des Mediums über Bildanalysen zu identifizieren und Akteur-Netzwerke und mediale Formen in einen Zusammenhang mit medialer Ästhetik zu setzen. Die Gesamtentwicklung reflektierend, werden diese Zusammenhänge wiederholt analysiert und gemäß den unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Invention, Innovation und Diffusion interpretiert. Das Ergebnis dieser Analysemethode ist die Konstruktion eines Entwicklungsnarrativs, das am Werk empirisch nachvollziehbar ist und bis dato eine Forschungslücke bzgl. der Erschließung der Geschichte und Theorie von Machinima schließt. Es werden des Weiteren Kernfragen der Medien und Bildgeschichte, der Medientheorie sowie der Technikforschung und Innovationsforschung behandelt.
In Niedersachsen existiert eine florierende, ausdifferenzierte kulturelle Szene. Vor allem im Musikbereich sind zahlreiche, teilweise international agierende Initiativen und einige kleinere und mittlere Unternehmen wie auch Solokünstler aktiv, die in einem regen Austausch miteinander stehen. Diese Akteure treten in der Regel mit der Erwartung einer positiven Auswirkung und Nutzensteigerung einem Netzwerk bei. Selten wird jedoch hinterfragt oder im Anschluss evaluiert, inwiefern das jeweilige Netzwerk zur positiven Verstärkung der Einzelakteure, im ökonomischen wie auch im sozialen oder kulturellen Sinne geführt hat, beziehungsweise inwieweit Netzwerkbildungen auch zu negativen Effekten für ihre Akteure führen können. In dieser Dissertation wird mit qualitativen Methoden und auf theoretischer Basis der Relationalen Soziologie die Situation in Bezug auf Netzwerkbildungen im Musiksektor von Niedersachsen analysiert. Dies geschieht vor den Fragen, wer die Akteure in Niedersachsen sind, und welchen Funktionsweisen und Mechanismen ihre Vernetzungsbestrebungen unterliegen. Ferner werden die Interaktionen zwischen sozialen Akteuren und institutioneller Kulturarbeit im Musiksektor dargestellt und aufgezeigt, welche Prozesse in diesem Musiknetzwerk unter dem Einfluss institutioneller Strukturen ablaufen.
Fjodor M. Dostojewskijs Werke sind immer wieder Thema der wissenschaftlichen Betrachtung, allerdings liegt der Fokus meist auf Dostojewskijs großen Romanen. "Der Spieler" ist seltener im Fokus. Auseinandersetzungen mit Dostojewskijs Werken im Allgemeinen und dem Roman "Der Spieler" im Besonderen erfolgen in vielen Fällen autorzentriert. Daran anschließend steht das Thema des Spiels und Spielsucht immer wieder im Mittelpunkt. Textimmanente und narratologische Auseinandersetzungen finden sich dagegen kaum. Konkrete Auseinandersetzungen mit einzelnen Umsetzungen von Dostojewskijs Romanen auf der Bühne gibt es ebenfalls nur wenige. Diese Arbeit untersucht vor diesem Hintergrund genau eine solche Inszenierung mit der Fragestellung: Wie werden die narrativen Elemente des Romans "Der Spieler" von Dostojewskij am Thalia Theater Hamburg in der Inszenierung von Jan Bosse auf die Bühne übertragen? Die Premiere dieser Inszenierung erfolgte am 27.11.2016. Zur Beantwortung der oben gestellten Frage werden zunächst die theoretischen und methodischen Grundlagen kurz dargestellt. Thematisiert wird der Unterschied zwischen Epik und Dramatik, das breite Feld der Narratologie sowie Überlegungen zu Romandramatisierungen. Im nächsten Abschnitt folgt die Analyse des Romans mit besonderem Fokus auf den Ich-Erzähler, die Erzählung in Form eines Tagebuchs sowie das unzuverlässige Erzählen. Die Analyse erfolgt nach den von Genette vorgeschlagenen narratologischen Kategorien. Die Inszenierungsanalyse im nächsten Abschnitt beantwortet anschließend die Frage, wie die davor herausgearbeiteten narrativen Merkmale auf die Bühne übertragen werden. Nach einer Betrachtung der grundlegenden Veränderungen sowie des Bühnenbilds liegt der Schwerpunkt also ebenfalls auf der Form des Tagebuchs, dem Ich-Erzähler sowie dem unzuverlässigen Erzählen. Theoretische Grundlagen stammen hierbei vor allem von Horstmann und Lipinski. Das Fazit fasst abschließend die Ergebnisse zusammen.
In dieser Arbeit werden die kuratierten Playlists von Streamingdiensten als Zugang zu Musik und damit Medium der Musikauswahl betrachtet. Die Analyse ihrer Strukturen und Gestaltung wird dabei fallbeispielhaft anhand des Musikstreamingdienstes Spotify vorgenommen. Durch anhaltend steigende Abonnementzahlen und die Etablierung im Massenmarkt wächst der Einfluss der Streamingtechnologie auf Musikkonsum und Musikverständnis. Mit einem Rezeptionskreis von potentiell mehreren hundert Millionen Musikhörenden auf der ganzen Welt ist das kuratierte Angebot und der Rahmen, in den Musik dabei gesetzt wird, von besonderer Bedeutung. Ziel dieser Arbeit ist es daher, ein tiefergehendes Verständnis davon zu gewinnen, wie das Playlistangebot als zentraler Inhalt der Plattform Spotify gestaltet ist, nach welchen Kriterien der Musikkatalog aufbereitet ist, auf welche Weise Musik dabei konnotiert wird und inwiefern die Thematik der Bildung von Filterblasen hierbei von Relevanz ist. Die Forschungsfragen, die in dieser Arbeit dafür explorativ bearbeitet werden, lauten somit: (1) Auf welche Weise wird die durch den Streamingdienstanbieter Spotify kuratierte Musik in Form von Playlists angeboten? (2) Welche Strukturen lassen sich in dem Playlistangebot finden, was wird (nicht) repräsentiert? (3) Wie ist der Künstler- und Titelkorpus in zusammengehörigen Einheiten kuratierter Playlists gestaltet? (4) Besteht durch dieses Angebot die Möglichkeit der Bildung musikalischer Filterblasen?
Internationalisierung und Diversifizierung der Gesellschaft sind nur zwei Schlagworte, die mit aktuellen und prognostizierten Veränderungen der Bevölkerung in Deutschland und dem Stichwort des demografischen Wandels verbunden werden. Der Anteil der Menschen, die persönlich oder familiär einen Herkunftsbezug zu Ländern außerhalb Deutschlands aufweisen, steigt seit Jahren an. Diese Menschen werden in der Bevölkerungsstatistik als Personen mit Migrationshintergrund erfasst, wobei vor allem die eigene Staatsangehörigkeit eine Rolle spielt, sowie diejenige der Eltern. In den Mobilitäts- und Verkehrswissenschaften ist das Wissen über diese Bevölkerungsgruppe in Deutschland sehr gering und fragmentiert. Wenig ist bekannt über das Vorhandensein von Nutzungsvoraussetzungen wie Führerscheinbesitz oder der Fähigkeit Fahrrad fahren zu können, über die Verfügbarkeit verschiedener Verkehrsmittel oder über das alltägliche Mobilitätsverhalten. Auffallend ist diese Lücke vor allem im Vergleich mit den USA, wo sich Verkehrs-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaften mit dem Mobilitätsverhalten von Migranten beschäftigen. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Wissenslücke für Deutschland zu verkleinern. Dabei stellt sich die Frage, ob sich Menschen mit Migrationshintergrund unter den hiesigen Rahmenbedingungen in ihren Mobilitätsvoraussetzungen und in ihrem alltäglichen Mobilitätsverhalten von den Menschen ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Darüber hinaus ist die Identifikation wichtiger Einflussfaktoren zur Erklärung des Verhaltens von besonderem Interesse. Grundlage ist eine - teilweise explorativ angelegte - empirische Studie zum Mobilitätsverhalten von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Offenbach am Main, die 2010 im Rahmen eines Forschungsprojekts am ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung gGmbH durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen den Gruppen. Diese betreffen soziodemografische und -ökonomische Faktoren, mobilitätsbezogene Voraussetzungen wie Führerscheinbesitz oder Verkehrsmittelverfügbarkeit, Fragen zur Mobilitätskultur im Elternhaus, aber vor allem die alltägliche Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Die Ergebnisse werden in dieser Arbeit in Artikelform kumulativ präsentiert und durch einen einrahmenden Text eingeleitet, eingeordnet und im Zusammenhang diskutiert.
Das digitale Spiel "The Witcher 3: Wild Hunt" bietet mit seinen Erweiterungen "Hearts of Stone" und "Blood and Wine" eine riesige digitale Welt voller komplexer Handlungsmuster, Charaktere und Orte. Gestützt auf die Lesart von Mendonça und Freitas versteht die vorliegende Arbeit das digitale Spiel als Text. In einem close reading werden in das Spiel integrierte Motive und Genrekonventionen anhand exemplarischer Beispiele herausgearbeitet. Durch die Analyse von referenziellen Versatzstücken wird der Frage nachgegangen, wo sich in "The Witcher 3: Wild Hunt" kulturelle Konventionen und Innovationen finden und inwiefern mit gewohnten Mustern gespielt wird. Durch die Entschlüsselung von Codes wird beobachtet, wo durch dieses Spiel mit den Konventionen mit Erwartungen der Spieler gebrochen wird, um so neue Bedeutung zu generieren. Den Landschaften und Bewohnern kommt eine genaue Untersuchung zu, wobei der Fokus dank Aussagen der Entwickler auf den Konstrukten der "Polishness" und "Slavicness" liegt. Betrachtet werden Easter Eggs als intertextuelle Zitatebenen sowie die als polnisch behaupteten Landschaften, die Verhandlung des Fremden, die Konstruktion "slawischer" Monster/Antagonisten und die Darstellung weiblicher Charaktere. Obwohl in einigen dieser Konzepte Widersprüchlichkeiten festgestellt werden, finden sich in ihnen auch Ansätze zur Innovation, die auf neue Muster in der Entwicklung zukünftiger digitaler Spiele hoffen lassen. Somit lohnt es, als "polnisch" behauptete Landschaften, die nicht identitätsstiftenden wirken sollen, angeblich "slawische" Monster und Antagonisten, die sich als transkulturelle Hybride entpuppen, und Frauen, deren Stärke durch ihre Sexualisierung untergraben wird, näher zu betrachten.
In der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen und für die Untersuchung der darin impliziten normativen Strukturen stellt Humor eine aufschlussreiche Quelle dar. Witze, humorvolle Darstellungen und Comedy sind dabei nützliche Instrumente, um jene Normen aufzudecken und ihre oftmals arbiträren und zum Teil unterdrückenden Ideologien zu entlarven. Stand-up Comedy kann repräsentativ dafür sein, wie durch Humor Genderidentitäten verhandelt werden. Diesem Ansatz soll in der vorliegenden Arbeit am Beispiel von Hannah Gadsbys Stand-up Comedy-Show Nanette nachgegangen werden. In der Analyse von Nanette soll gezeigt werden, wie Gadsby die Erwartungen des Publikums an diese Unterhaltungsform unterläuft, gängige Methoden des Genres dekonstruiert und an zahlreichen Stellen explizit feministische Gesellschaftskritik formuliert.
Drum-Machines sind spätestens seit den 80er Jahren allgegenwärtige Taktgeber aktueller musikalischer Gestaltung. Die kleinen, unscheinbaren Boxen, in denen sich Schlagzeug-Pattern programmieren lassen, haben bisher allerdings kaum wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhalten. Hier werden erstmals nicht nur die verwobenen Technik- und Kulturgeschichte(n) dieser Maschinen skizziert, sondern die Geräte selbst werden als Wissensobjekte ernst genommen. Ihr Sound und ihre neuen technikkulturellen Zeitlichkeiten, entworfen durch Breakbeat- und Pattern-Labore des HipHop, House und Techno, lässt die Geradlinigkeit historischer Narrative selbst Geschichte werden. Sie werden als Akteure klanglicher Zukünftigkeit gehört – treffend benannt mit einem Begriff Kodwo Eshuns als "Futurhythmaschinen".
Ikonizität der Information
(2021)
Die vorliegende Dissertation befasst sich mit der ikonischen Dimension von Wissensorganisationssystemen (KOS) und dem epistemischen Potenzial von Bildlichkeit, bzw. Ikonizität auf Zeichenebene, im Bereich des digitalen Kulturerbes. Dabei bezieht sich die Ikonizität der Information einmal auf eine implizite Dimension auf einer strukturellen Ebene sowie auf explizite Ausdrucksformen wie Visualisierungen, die Objekte und ihre Relationen topologisch darstellen. In einem interdisziplinären Ansatz, der sich unter anderem auf Bild-, Zeichen und Medientheorie bezieht, werden sowohl aktuelle Visualisierungen als auch historische Entwicklungen in der Theorie und Modellierung von Wissensorganisationssystemen analysiert. Der Theorieteil, in dem die Konzepte Information, Zeichen und Ikonizität adressiert werden, stützt sich vor allem auf die universelle Zeichentheorie und das Konzept des diagrammatic reasoning von Charles Sanders Peirce und bildet die Basis für die Analyse impliziter und expliziter Bildlichkeit in der digitalen Wissensorganisation. Die Kategorien Genauigkeit (accuracy) und Effizienz (effiency) dienen als Parameter für eine Analyse des europäischen Kulturerbeportals Europeana, mit dem Ziel den Grad der semantischen Kontextualisierung (Dichte der Beschreibung) zu identifizieren. Die Vagheit und Mehrdeutigkeit oder simultane Pluralität visueller Ausdrucksformen bildet einen ikonischen Überschuss, welcher als maßgeblich für die Erkenntnisfunktion der Bildlichkeit identifiziert wird.
Im Trend des gewachsenen Interesses an Emma Kunz vonseiten der Institutionen und Künstlern der Gegenwart widmet sich die vorliegende Arbeit der Fragestellung, in welcher Art und Weise Emma Kunz’ spirituelle, abstrakte Zeichnungen in materielle-körperliche Praktiken eingebunden sind und durch diese bedingt werden. Das ist mit dem Ziel verbunden, über eine historische Kontextualisierung der Praktiken und Räume die Möglichkeitsbedingungen der künstlerischen Praxis zu analysieren und Emma Kunz als Abstraktion im Übergang zu beschreiben, die die Dichotomien zwischen Okkultismus und Wissenschaft sowie zwischen Rationalität und Irrationalität in der Moderne unterläuft. Der Fokus auf die Materialität und Körperlichkeit der Praktiken eröffnet die Möglichkeit das Verhältnis von Innerlichkeit und Spiritualität, Materialität und Politik in der Kunstgeschichtsschreibung der modernen Kunst, insbesondere der Abstraktion, neu zu konstellieren. Die Ausgangsthese dabei ist, dass der Blick auf die Praktiken eine Perspektivierung der abstrakten Zeichnungen als wesentlich in materiell-körperliche Prozesse eingebundene spirituelle Bilder ermöglicht. Die Praktiken des Pendelns und Heilens sind nicht nur Verfahren der Umwandlung und Transformation von spirituellen und materiellen Komponenten, sondern eröffnen einen Blick auf ihre Reflexivität und Kritikalität. Zu Beginn der Arbeit ist das Arbeitszimmer von Emma Kunz Ausgangspunkt der Frage nachzugehen, wie das Verhältnis der Praktiken zu den Zeichnungen methodisch zu fassen ist. Anschließend wird der Frage nachgegangen, in welcher Art und Weise Kunz’ spirituelle, abstrakte Zeichnungen in materielle-körperliche Praktiken des Pendelns und Heilens eingebunden sind, die sich mit und gegen die Moderne konstituieren und wie sie sich in der künstlerischen Praxis von Emma Kunz ein- und fortschreiben. Anhand von Kunz’ Zeichnungsmethode wird im nächsten Abschnitt die Spannung zwischen Okkultismus und Wissenschaft aufgefaltet und Emma Kunz als ein Phänomen einer Abstraktion im Übergang beschrieben, die sich zwischen den Kosmologien unsichtbarer Kräfte und dem Drang zur Grammatologie bewegt. Abschließend wird die Frage aufgegriffen, wie der Blick auf die Praktiken des Pendelns und Heilens die in der Geschichte der Abstraktion tradierte Dichotomie zwischen Spiritualität und Materialität verändert.
Der Kern dieser Arbeit richtet sich auf die Frage, ob und in welcher Form Bildungsungerechtigkeiten an niedersächsischen Hochschulen während der Corona-Pandemie bestehen oder auch verstärkt wurden. Die Forschungsfrage lautet: "Welche Herausforderungen erlebten niedersächsische Studierende durch die Corona-bedingten Umstellungen des Hochschulalltags?" Um dieser Frage nachzugehen, wurden Hypothesen zur Frage der bestehenden sozialen Ungerechtigkeit zwischen Studierenden, der Auswirkung auf die finanzielle Situation und der Teilhabe an digitaler Lehre aufgestellt. Um diesem Schwerpunkt gerecht zu werden, wurde zunächst anhand bekannter empirischer Berichte wie dem KMK Bildungsbericht, der Sozialerhebung des Studentenwerks und dem Hochschulreport des Stifterverbands der Vor-Corona-Zustand erörtert. Zur Betrachtung der Situation der niedersächsischen Studierenden wurde von August bis September 2020 eine quantitative Umfrage unter Studierenden aus Niedersachsen (N=2317) mit folgendem Titel durchgeführt: "Digitale Lehre unter Corona-Bedingungen in Niedersachsen". Im Laufe der Arbeit und der Auswertung der Umfrage konnten Tendenzen und auch belastbare Erkenntnisse für die positive Beantwortung der Annahmen erörtert werden. Diese Ergebnisse legen dar, dass der Handlungsbedarf in diesem Feld deutlich größer als vor der Pandemie ist. Die bestehenden Hilfen haben Studierende bisher nicht in ausreichendem Maße erreicht und die Abbrechendenquote könnte steigen. Die Grundlage für eine gerechtere Gesellschaft liegt im Vorhandensein von Bildungsgerechtigkeit und dem Zugang zu Hochschulbildung. Die Corona-Pandemie stellt Studieninteressierte und Studierende hier vor zusätzliche Herausforderungen.
Die Dissertation leistet einen Beitrag zur Erforschung der Schriften John Stuart Mills, indem darin Mills rudimentär ausformulierte Denkfigur und Forschungslücke der "Art of Life" untersucht wird. Die Autorin erweitert die traditionelle Interpretation Mills als klassischem Utilitaristen um einen geschärften Blick auf Mills Handhabung des antiken Theorieelements der Tugend. Drei überlappende thematische Zugänge – Lust, Charakter, Glückseligkeit - dienen der Veranschaulichung und Stärkung der These, wonach es sich bei Mills Theorie um eine hedonistische, perfektionistisch gefärbte Theorie der guten Lebensführung handelt. Der methodische Rückgriff auf die Lust- und Glückskonzeption des Aristoteles erlaubt es Mills differenzierte Auffassung von Lust bzw. Freude zu ergründen, die Rolle des menschlichen Charakters für das (moralische) Handeln festzustellen und eudemische Spuren im Verständnis von Glück aufzudecken. Abschließend bietet die Dissertationsschrift eine Interpretation der Schriften Mills als Lebenskunstphilosophie mit moralischen und außer-moralischen Ebenen und zeigt Anschlusspotentiale zu antiken, sowie zeitgenössischen (Lebenskunst) Theorien auf.
Mit Blick auf eine Optimierung des Lüneburger Radroutennetzes wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket mit Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des bestehenden Radverkehrsnetzes entwickelt und 2020 vom Verkehrsausschuss der Hansestadt Lüneburg die Einrichtung eines Fahrradstraßenrings beschlossen. Entschieden wurde die Umwidmung von Straßen, welche um die Fußgängerzone verlaufen, zu Fahrradstraßen, auf denen der Radverkehr Vorrang haben soll. Im Rahmen dieser Arbeit stellt der Stadtteil Rotes Feld den Untersuchungsraum dar. Die Barckhausenstraße, die durch den Stadtteil Rotes Feld führt, stellt einen möglichen Zubringer zum Fahrradstraßenring dar. Ziel dieser Arbeit ist es, die mögliche zukünftige Erweiterung des Fahrradstraßennetzes, das zurzeit lediglich aus dem geplanten Fahrradstraßenring besteht, in Richtung Süden durch die Umwidmung der Barckhausenstraße zur Fahrradstraße zu prüfen. Um die Eignung der Barckhausenstraße als Fahrradstraße zu überprüfen, wird zunächst in einem theoretischen Teil das Planungsinstrument "Fahrradstraße" vorgestellt. Dabei wird ein Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und das Einsatzfeld von Fahrradstraßen gegeben. In einem weiteren Abschnitt werden Maßnahmen erläutert, welche über die rechtlichen Voraussetzungen hinausgehen, sowie verschiedene in der Literatur ausgearbeitete Gestaltungsempfehlungen für eine Flankierung der Umwidmung wiedergegeben. Im Anschluss werden die bisherigen gesammelten praktischen Erfahrungen mit Fahrradstraßen in Deutschland beschrieben und die Gestaltung der Wallstraße, der ersten Lüneburger innerstädtischen Fahrradstraße, näher betrachtet. Im folgenden Teil werden der Arbeit zugrundeliegenden Methoden vorgestellt. Zu Beginn wird der Untersuchungsraum eingegrenzt. Danach folgt die Vorstellung der unterschiedlichen verwendeten Methoden zur Untersuchung des Verkehrs in der Barckhausenstraße. In der Folge werden die Ergebnisse der Untersuchungen dargestellt und die möglichen Einflüsse der gewählten Methodik auf die Ergebnisse und die Eignung der Barckhausenstraße als Fahrradstraße reflektiert. Im nächsten Abschnitt werden konkrete Umgestaltungsmaßnahmen für die Barckhausenstraße von der vorherigen Diskussion abgeleitet. Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.
Können die kulturellen Praktiken und wertschöpfenden Handlungen innerhalb von Musikkulturen mit dem Begriff der Produktivität erfasst werden? Dieser Frage geht diese Dissertation am Beispiel der Technokultur nach. Sie zeigt auf, wie Menschen in solchen Vergemeinschaftungsformen für sich und andere Werte schaffen. In Abgrenzung zu wirtschaftswissenschaftlichen Formulierungen wird hier von Werte-Schöpfung gesprochen. Zugrundeliegend ist ein kulturwissenschaftliches Verständnis von Produktivität, welches den Fokus auf unterschiedliche Arten der Produktion und Werte-Schöpfung legt. Es wurden Akteure, ihr Handeln und ihre musikalischen, kulturellen, sozialen, sinnstiftenden sowie ökonomischen Produktionen innerhalb der Technokultur auf unterschiedlichen Ebenen analysiert. Dies umfasst Produzierende und Partizipierende, Gemeinschaften, Szenen, Städte, Festivals und Ökonomie. Das methodische Vorgehen basiert auf (Szene-)Ethnographie als Verfahren der Datengenerierung, was Interviews mit Experten (DJs, Produzenten, Labelmacher, Angestellte von Musikwirtschaftsbetrieben, Veranstalter) und Partizipierenden sowie teilnehmende Beobachtungen (Clubs, Festivals, Berlin, Köln, Lärz und Ruhrgebiet) umfasst. Zusätzlich wurden Technotracks musikhermeneutisch analysiert, um die Vielfalt der Affordanzen an Technomusik aufzuzeigen. Zur Datenauswertung wurde auf das Grounded Theory-Verfahren der Situationsanalyse (Clarke 2012) zurückgegriffen. Leitend für die Analyse sind die Konzepte der "Sonic Bodies" und des "Soundings" von Julian Henriques (2011), des Musickings (Small 1998) sowie der Begriff des "Sonischen". Im Zentrum der Arbeit steht das Handeln von Menschen mit Klang und Musik in musikalischen Soziokulturen und der wechselseitige Einfluss mit der umgebenden Stadt und Gesellschaft. Die Dissertation zeigt auf, wie die Sonic Bodies der Technokultur persönliche, soziale, kulturelle und ökonomische Werte für sich schöpfen, auf dieser Grundlage ihr Handeln austarieren und sich mit anderen Produzierenden und Partizipierenden zu temporären oder beständigen Werte-Schöpfungsnetzwerken zusammenschließen. Die Möglichkeiten der Werte-Schöpfung sind durch mehrere Konfigurationen gerahmt. Darunter fallen sozialstrukturelle, subjektive und subkulturelle bzw. kulturindustrielle Faktoren, die das Handeln und die Werte-Schöpfung der Sonic Bodies prägen. Diese umfassen u. a. Faktoren sozialer Ungleichheit, individuelle Faktoren und Faktoren, die der Feldstruktur der Technokultur entspringen.
Dass die Gleichberechtigung von Menschen ebenso wie die Würde eines jeden Menschen etwas Gutes ist - dem werden in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft die meisten zustimmen können. In der praktischen Umsetzung dieser abstrakten Aussage jedoch zeigen sich Probleme. In dieser Arbeit geht es um die Herausforderung, wie die gesellschaftlich reale Vielfalt und die Ideale der Menschenrechte und der Gleichheit sprachlich umgesetzt werden können bzw. wie es gelingt, angemessene Begriffe für umstrittene Sachverhalte zu finden. Diskriminierungssensible Sprache im Sinne dieser Arbeit ist eine Sprache, die sich bemüht, Minderheiten, nichtprivilegierte Personen und Standpunkte zu erkennen, zu achten und angemessen zu berücksichtigen. Sie könnte auch als gerechte Sprache, Sprache der Vielfalt und Gleichheit, menschenfreundliches oder "anerkennungsorientiertes Sprechen" bezeichnet werden. Hinsichtlich der Bemühungen um sprachliche Umsetzung sozialer Gerechtigkeit ist in unserer Gesellschaft ein oft heftig geführter Streit entbrannt. Auf der einen Seite wollen Gruppen, die bisher wenig Gehör fanden, Ungleichheiten z.B. aufgrund der geschlechtlichen oder ethnischen Zuschreibungen nicht mehr akzeptieren und verlangen von ihren Mitmenschen, dass dies u.a. in der Art, wie über und mit ihnen gesprochen wird, zum Ausdruck kommen möge. Auf der anderen Seite möchten viele die alten sprachlichen Regeln und Gewohnheiten beibehalten. Sie empfinden neue Wortschöpfungen als überflüssig oder falsch
In seinem ersten Kinofilm "Abschied von gestern" erzählt Alexander Kluge 1966 den Fall "Anita G.". Ausgehend von diesem Film stellt sich die Frage nach den Rechtsverhältnissen in Kluges Geschichten: vom Sachverhalt zum Fall, vom Gesetz zur Erzählung, von der Ermittlung, die dem Urteil schließlich widersteht. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die universitäre "Vorgeschichte" des Autors und Filmemachers. Mit dem Jura-Studium in Marburg und Frankfurt schreibt sich Kluge 1950 in die universitären Abläufe ein, denen er als Referendar institutionell folgt: im Amtsgericht Wiesbaden und im Oberlandesgericht Frankfurt, in der Jugendstrafanstalt, im Landgericht und der Kammer für Handelssachen. An diesen Stationen begegnet er Vorfällen und Prozessen, die seinen filmischen und literarischen Arbeiten voran gehen. Denn Kluges Figuren stehen vor dem Gesetz und folgen eher einer Poetik des Falls als seiner Auflösung.
Diese Arbeit untersucht, wie die massenhafte Verbreitung von Web Videos das Verhältnis von audiovisueller Zeugenschaft und medialem Ereignis beeinflusst: Wie lässt sich das Zusammenspiel von Medien, sozialer Dynamik und Ereignissen beschreiben? Was wird wann unter welchen (medialen) Bedingungen wie zum Ereignis? Wer hat die Deutungshoheit über dieses Ereignis und wie erlangt man sie? Gibt es privilegierte Formen der Zeugenschaft? Und unter welchen Umständen haben diese Zeugnisse politische Relevanz? Keine dieser Fragen ist neu und dennoch stellen sie sich in digitalen Kulturen mit neuer Dringlichkeit und Bedeutung. Denn durch die Proliferation medialer Produktions- und Rezeptionspraktiken sowie die Medialisierung der Distribution multiplizieren Social Media-Plattformen ästhetische, narrative und institutionelle Kontextualisierungsprozesse von Ereignissen. Dies vergrößert mediale Partizipationsmöglichkeiten, geht aber zugleich einher mit Glaubwürdigkeits- respektive Geltungsverlusten herrschender sozialer Akteure und medialer Formen. Die daraus resultierenden medialen wie sozialen Repräsentationskrisen destabilisieren das Feld medialer Zeugenschaft. Sie bilden aber zugleich auch einen Resonanzboden für "Kritische Medienereignisse". Unter diesem Titel entwirft die Arbeit ein Konzept sozio-medialer Ereignisse, das weder Medien und Ereignis gegeneinander ausspielt noch das Ereignis zum massenmedialen Genre degradiert. Stattdessen erfasst der Begriff soziale und medienästhetische Dynamiken in einem gleichberechtigten Zusammenspiel. Dahinter steht die durch den Vergleich von Rainer Leschkes Theorie medialer Formen mit Pierre Bourdieus Praxistheorie gestützte Annahme, dass mediale und soziale Formen mehr miteinander gemeinsam haben, als es unversöhnliche Gegenüberstellungen von medialem und sozialem Apriori vermuten lassen. [Im Sinne einer medienmorphologisch geschulten Bourdieu-Lektüre kann dann von kritischen Medienereignissen die Rede sein, wenn ähnlich gelagerte Krisen in sozialen Kräfte- und medialen Formenfeldern zeitgleich eskalieren - wie es gegenwärtig im doppelten Glaubwürdigkeitsverlust politischer Repräsentanten (Akteuren) und medialer Repräsentationen (Formen) zu beobachten ist. Es handelt sich hierbei nicht deshalb um Medienereignisse, weil sie durch Medien repräsentiert werden, sondern vielmehr deshalb, weil sie der öffentlich sichtbare Ausdruck medialer Umbrüche sind, in denen soziale und mediale Felddynamiken synchronisiert werden und die Neuaufteilung des Sinnlichen mit der des Sozialen zusammenfällt. In diesem Zusammenhang spielen Web Videos deswegen eine privilegierte Rolle, weil sie als audiovisuelle und kommunikative Prothesen sowohl den Handlungsspielraum von Augenzeugen erweitern als auch das Publikum auf eine neue Art und Weise adressieren und einbinden. Man ist nicht länger nur distanzierte Beobachter einer Live-Berichterstattung, sondern wirkt aktiv mit am Geschehen und dessen Beglaubigung. Diese neuen, partizipativen Formen der Zeugenschaft erschöpfen sich somit nicht in einer dokumentarischen Funktion, sondern fordern immer auch zur Teilnahme am jeweiligen Ereignis auf. Sie zeichnen sich dabei durch eine radikal subjektive Ästhetik der Authentizität aus, die weniger auf Objektivität als auf affektive Mobilisierung abzielt. Web Videos verändern auf diese Weise das etablierte Kräfte- und Vertrauensverhältnis im soziomedialen Feld der Zeugenschaft in epistemologischer, ethischer und politischer Hinsicht, weil sie dieses Feld für (neue) Formen und Akteure öffnen, die mehr oder weniger bewusst die hegemoniale Position massenmedialer Institutionen und Formen in Frage stellen. Diese Erschütterungen der sozio-ästhetischen Ordnung im Feld der Zeugenschaft offenbaren einen grundsätzlich politischen Gehalt von Web Videos, der immer dann explizit hervortritt, wenn Web Videos Widerspruch und Protest gegen die herrschenden Verhältnisse artikulieren. In kritischen Medienereignissen wie der (gescheiterten) Grünen Revolution in Iran wird daher das politische Potential von Web Videos aktualisiert und situativ beschreibbar. Web Videos machen ihre Betrachter somit in einem doppelten Sinn zu Zeugen: Erstens dokumentieren sie ein Geschehen und geben somit der Synchronisation feldspezifischer Krisen des Sozialen und Medialen eine anschauliche mediale Form. Zweitens fungieren sie als Formen des symbolischen Austauschs, die an der Umwertung des symbolischen Kapitals in medialen und sozialen Feldern entscheidend mitwirken. Weil sie somit zugleich Ausdruck wie Katalysatoren dieser Legitimitätsverluste sind, fungieren sie gegenwärtig als ebenso umstrittene wie privilegierte Zeugnisse kritischer Medienereignisse.